FOLK
KATZENJAMMER –
A KISS BEFORE YOU GO
VERTIGO / UNIVERSAL
Die Supernixen an der Balalaika schlagen wieder zu: Katzenjammer legen ihr zweites Album nach. Katzenjammer sind vier anmutige junge Damen aus Norwegen, genauer gesagt vier ehemalige Musikstudentinnen aus Oslo – teils zierlich, teils drall wie aus einem Russ Meyer-Film entsprungen. Solveig, Turid, Anne Marit und Marianne sehen aus wie ein gut sortierter Altkleidercontainer auf acht Beinen und genauso klingt ihre Musik. Die vier Norwegerinnen wirbeln zwischen Bass-Balalaika, Banjo, Ukulele, Ziehharmonika, Klavier, Trompete, Glockenspiel oder Schlagzeug. Das norwegische Quartett bietet die volle Packung: Polka, Punk, Folklore und Schlager. Mal gröhlen die vier Mädels wie betrunkene Seemänner, mal schunkeln sie wie in einem Western-Saloon und versprühen dabei literweise Lebensfreude und gute Laune. Vor allem auf der Bühne funktioniert das ganz hervorragend. Denn nach jedem Song werden die Instrumente durchgewechselt - die Reise nach Jerusalem für Fortgeschrittene.
Wolfram Hanke
8 von 9 Punkten
Die vier singenden Damentorten von Katzenjammer zeigen seit geraumer Zeit, dass man mit seinem Musikstudium durchaus auch Geld verdienen kann. Sie spielten sich ganz ohne Unterstützung einer Plattenfirma seit zwei Jahren hoch zu einer überladenen Brecht-Polka-Punk-Kabarett-Aufführung, die schon mal vierstellig Publikum von 20-60 zieht. Auf dem Taubertal Festival 2009 räumten sie auf der Clubstage als Mitternachtsspezial am Freitag tüchtig ab. Zumindest bei den Leuten, die den markerschütternden Schrei überlebt haben, als sie die Bühne mit ihren schrillen 60er Jahre Gardinenklamotten enterten und die Mikros ausprobierten. Dann begann ein Orkan aus Polka, Chanson, Ska, Folk und Rock'n'Roll. Der musikalische Gegenevent dazu ist das renommierte Nürnberger Bardentreffen, wo sie die ehrwürdige Insel Schütt ebenfalls in ein Tollhaus verwandelten. Sogar David Byrne hat sich bereits in die USA eingeladen und Dweezil Zappa steuerte sogar ein Solo zur neuen Scheibe bei. Mittlerweile ist die Band berechtigt bei einem Majorlabel gelandet und bringt ihr zweites Album heraus. Geblieben ist die ultimative instrumentale Anarchie mit einem feiner Auswahl quer über den Musikinstrumente-Trempelmarkt: Mandoline, Melodica, Harmonika, Bass-Balalaika (mit drei Saiten), allerlei Blaswerk, Waschbrett und natürlich Gitarre und Drums. Die Band spielt wie immer wie auf der Flucht und wechselt fliegend die Instrumente, viele ihrer Songs handeln vom Abschied oder Wegrennen und wer spannende Unruhe in Musik nicht mag, sollte dann doch lieber Leonhard Cohen hören. Sehr fein: Die enthaltene Coverversion von Genesis, "Land Of Confusion" (anarchisch langsam gespielt) oder das burleske "Cherry Pie" oder die Single "A Kiss Before You Go". Die bisweilen lustig-nervige CD ist die beste Einstiegsdroge für das Katzenjammer-Universum, das Geheimnis ihres Erfolges liegt aber auf der Bühne, wo sie Cowpunk, Polka, Ska und Punk mit den B-52's verheiraten. Dieses Naturereignis sollte man sich unbedingt einmal anschauen!
Ewald Funk
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