SCHLOSSHOFFESTIVAL, 20.07.2013, NEUSTADT/AISCH
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Ein perfektes Festivalwetter, ein neugierig machendes Line-Up,
eine Location mit kleinem Mittelaltermarkt, wie geschaffen für
ein Festival und ganz viele erwartungsfreudige gutgelaunte
Musikfans, da konnte das bestens organisierte Schlosshof
Festival eigentlich nur gut werden. Seit 2007 findet es jedes
Jahr in Höchstadt an der Aisch statt und ist aufgrund der
familiären urgemütlichen Atmosphäre ein wunderschöner Gegenpol
zu den Massenaufläufen wie z.B. Rock im Park.
Ein Jahr älter als das Schlosshof Festival ist Fatzwerk, eine
im Jahre 2006 gegründete Mittelaltergruppe , die mit Davul,
Dudelsack, Gitarre und Gesang das Festival eröffnete und gerade
während den Umbaupausen im Bereich des Mittelaltermarktes immer
wieder aufspielte. Wer die lustige Truppe verpasst hat kann
dies beim Tanzt! Festival Ende November nachholen.
Um 14.15 ging es dann auch auf der großen Bühne mitten im
Schlosshof so richtig los. Und das mit einer Band die im
letzten Jahr schon kurz vor dem Aus stand, als Sänger Holger
„Hotti“ Franz ausstieg. Die folgende Sängersuche erwies sich
als schwierig, mit Martin LeMar hatte man den Neuen am Mikrofon
natürlich in Höchstadt mit dabei. Und der hatte das Publikum
vom ersten Song an auch recht gut im Griff. Konnten sich beim
WGT schon viele von seinen Qualitäten überzeugen, auch beim
Schlosshof ganz klar Daumen hoch für Nachtgeschrei mit neuem
Sänger. Und man hat gut daran getan, keine Kopie von Hotti zu
suchen. Man muss sich sicher erst etwas an Nachtgeschrei 2.0
gewöhnen, es lohnt sich aber definitiv der Band Gehör zu
schenken. Mit Niob, An mein Ende, Herzschlag und Windstill gab
es 4 Songs aus den ersten 3 CDs zu hören, der Schwerpunkt lag
aber logischerweise bei den Songs der neuesten Scheibe "Aus
schwärzester Nacht". Als Martin LeMar das Publikum fragte ob
sie die Geister sind, die uns riefen und danach den
gleichnamigen Song anstimmte schien die Luft vor der Bühne
erstmal zu brennen. Auch durch die Sonne die ungeschützt und
gnadenlos die Zuhörer von oben bestrahlte. Eine Abkühlung tat
echt Not und für die sorgte dankenswerter Weise das Team von
Consec mit Wasserschlauch. Mehrmals an diesem Tag übrigens und
auch sehr zur Freude von Sänger Martin LeMar, der es sich im
Laufe der schweißtreibenden Show nicht nehmen lies von der
Bühne runter zu springen und sich von oben bis unten abspritzen
zu lassen. Das absolute Highlight einer überzeugenden
Nachtgeschrei Show die ganz viel Lust "auf mehr" schürte. Und
die gleich zweimal am seidenen Faden hing. Kam man wegen Stau
gerade noch rechtzeitig an, so musste man zu allem Überfluss
auch noch auf dem im Krankenhaus liegenden Nik verzichten. Mit
technischer Unterstützung konnte aber auch dieses Manko
einigermaßen ausgeglichen werden.
Ebenso gespannt konnte man auf den Auftritt von Faun sein, bei
denen sich im letzten Jahr vieles verändert hat. Kaum eine CD
wurde im letzten Jahr so kontrovers und leidenschaftlich
diskutiert wie das vom Tameam Valicon für Universal produzierte
Werk Von den Elben. Egal was man von der Scheibe auch halten
mag, kommerziell war es ein gewaltiger Erfolg mit Platz 7 in
den Top Ten der Musikcharts und unzähligen Fernsehauftritten
und Radioeinsätzen. Selbst für die Pagan Folk Band kam dies
alles in dieser Intensität ziemlich überraschend und es war
sicher auch gar nicht so einfach mit der zum Teil heftigen
Kritik der langjährigen eingefleischten Faun Fans umzugehen,
bei denen Von den Elben auf wenig Gegenliebe stieß. Das wissen
aber auch die Musiker, entsprechend dezent geht man mit dem
Werk auf dem Konzert um. Gerade einmal ein Song findet sich
davon in der 11 Song umfassenden Setlist. Faun klingen live
fast wie immer. Und das "fast" auch nur deshalb, weil man mit
Katja Moslehner eine neue Sängerin an Bord hat. Für die sehr
spezielle Amerikanerin Sonja Drakulich die bei der Akustiktour
noch mit dabei war ist Katja bei den elektronisch verstärkten
Festivalkonzerten neben der auch einmal mehr optisch wieder
voll überzeugenden Fiona Rüggeberg (wer war der Designer des
wunderschönen Outfits?) dabei. An guten Sängerinnen hat es bei
Faun ja eh noch nie gemangelt und da macht die sowohl stimmlich
wie auch optisch sehr an die langjährige Faun Stimme Lisa
Pawelke erinnernde Katja auch keine Ausnahme. Entwarnung also
bei Faun, der Pagan (Trance-) Folk fetzt weiterhin, umso mehr
wenn die Bässe nicht ganz so dominierend sind, und das ist
sicher das größere Risiko bei einem Faun Konzert als die Songs
von "Von den Elben".
Nicht ganz zu Unrecht wurde bei der Anmoderation von End of
Green vermutet, dass sich die Jungs verlaufen hatten. Wollten
sie mit ihrem Gothic Metal und Dark Rock auf dem ersten Blick
doch so gar nicht ins Line-Up passen. Einen besseren
musikalischen Gegenpol zu Faun hätte man aber kaum finden
können. Und auch wenn der eine oder andere Mittelalterfan die
Nase rümpfte und sich in Richtung Mittelaltermarkt verzog, ganz
viele blieben oder kamen extra zum Schlossplatz um End of Green
und ihren Depressed Subcore wie sie es selbst bezeichnen, zu
hören. Passend zu den Texten, die von Einsamkeit, Depression,
Schmerz und Tod handelten, war die Musik deutlich schwerere
aber absolut hörenswerte Kost. Mit Gänsehautfaktor, meist dann
wenn Sänger Michelle Darkness oder wie er mit bürgerlichen
Namen Michael Huber heißt mit seiner tiefen Stimme wie eine
Kreuzung aus Him und The 69 Eyes klingt. Sehr geil, das fand
auch die Security, die bevor alles überkochte den
Wasserschlauch wieder anwarf und für eine Wahnsinnsgaudi im
Publikum sorgte, so dass Michael Huber scherzhaft sich
beschwerte, dass man ihm gerade die Show stiehlt und er die
Jungs als Vorband mit zur nächsten Tour nehmen wird. Ihm die
Show zu stehlen war aber nicht zu befürchten, zu überzeugend
waren End of Green , die im Frankenland einen bleibenden
Eindruck hinterlassen haben. Sicher auch das Frankenland bei
End of Green, musste sich ein mit Werder Bremen Fantasse im
Graben stehender Musiker die eine oder andere dumme Bemerkung
und Spottgesang "was ist grün und…" im "Glubb-Land"
anhören.
Mein ganz persönliches Highlight war einmal mehr bei einem
Festival der Auftritt der Letzten Instanz. Und viele
Instanz-Shirts im Publikum zeugen davon, dass massig
Instanz-Fans im Publikum waren, der Fankreis der Band wird eh
immer größer. Kein Wunder, wie sich die Band die letzten Jahre
entwickelt hat ist beeindruckend und die Ewig Schuldig Heilig
Trilogie ein ganz besonderes Musikwerk. Bei einer so
umfangreichen Discografie bleibt immer das eine oder andere
Lied in der Setlist das man gerne hören würde auf der Strecke,
so wie das von mir über alles geliebte Kopfkino mit Holly als
Sänger. Bereits als die Letzte Instanz mit ihrer
Brachialromantik angekündigt wurden herrschte richtig gute
Stimmung. Mit Flucht ins Glück legte man los und beendete ein
gefühltes 30 Minuten Konzert mit Wir sind allein
festivalbedingt viel zu kurz. Dazwischen feierten die bestens
gelaunten Instanzler mit den Besuchern eine Sing, Spring, Tanz
und Crowdsurfing-Party, ansteckend wie ein Virus und
süchtigmachend nach mehr Letzte Instanz.
Gelegenheit dazu gibt’s am 19. Oktober wenn man mit Freunden
in Dresden 15 Jahre Instanz feiert. Dann sicher auch mit Songs
wie Kommt! , Wieder einmal Rot, Der Garten, Das Stimmlein und
natürlich Rapunzel die in Höchstadt begeistert gefeiert wurden.
Und als mit Holly, Benni Cellini und M. Stolz gleich 3 Musiker
den Ritt auf den Händen des Publikums wagten und Holly singend
durchs Publikum wanderte feierte man die wohltuend
Publikumsnahe Band um ihre "Rampensau" Holly gnadenlos
ab.
Gut, dass die Sonne nach dem Auftritt verschwunden war, eine
zusätzliche Wärmequelle von oben hätte das aufgeheizte Publikum
wirklich nicht mehr gebrauchen können. So kamen auch die
Lichtshow und die Pyroeffekte von Subway to Sally besonders gut
zur Geltung, die die Steilvorlage der Letzten Instanz nützten
und einen denkwürdigen Schlusspunkt unter einem wunderschönen
Festivaltag setzten. Das ging schon mit Eisblumen los. Nur
schade, dass man die Schneemaschine, die man früher bei
Konzerten zu dem Song verwendete nicht mehr im Einsatz hat.
Danach, passend zum Song Das schwarze Meer gab Sänger Eric Fish
den Stagediver. Zu falscher Heiland kamen dann erstmals die
Pyros zum Einsatz, Feuereffekte die die Show von Subway immer
wieder bereichern. Dadurch, dass man manche Songs Medleytypisch
nur teilweise spielte, wie zum Beispiel Sieben-Ohne
Liebe-Veitstanz lies das Set kaum Wünsche offen. Und Maria als
Zugabe in voller Länge mitgesungen von unzähligen Menschen im
Publikum lässt auch bei Subway Gänsehautstimmung aufkommen.
Sicher auch bei Schlagzeuger Simon Michael der ganz in der Nähe
beheimatet ist, aber bei seinem Heimspiel aufgrund des Lichts
hinter dem Schlagzeug leider kaum zu sehen war. Und dass Eric
Fish nicht gerade ein Fotografenfreund ist, hat er mit seiner
Beschwerde in Richtung Fotografen, dass die nicht mitmachten,
angedeutet. Die hatten bei dem Licht aber genug damit zu tun,
einigermaßen brauchbare Fotos hinzubekommen. Aber immerhin kam
das Knipsvolk deutlich besser weg, als die
„Mittelalter-Schlampen“ im Publikum oder das Publikum, das aber
auch über Eric Fishs kleine Textaussetzer überrascht waren.
Kein Beinbruch übrigens, dafür ist es auch ein Livekonzert, da
muss um nicht zu sagen sollte auch nicht alles wie Platte
klingen. Natürlich ging es Subwaytypisch mit dem Band und
Mittelalter Kult Song Julia und die Räuber stimmungsvoll nach
einem überzeugenden Auftritt zu Ende und bis auf Fatzwerk und
Nachtgeschrei, die man peinlicherweise nicht erwähnte, forderte
Eric Fish für alle Bands noch einmal einen lauten Schrei
ein.
Es ist gar nicht so einfach nach so einen Mittelaltertag mit
so starken Musikdarbietungen, so vielen netten Besuchern und so
vielfältigen Eindrücken wieder im Alltag anzukommen. Auf ein
Neues 2014 kann man da nur sagen, aber zuvor müssen neben der
perfekten Organisation vor allem noch das Verpflegungsteam und
die Frauen und Männer vom Roten Kreuz gelobt werden. Gerade die
hatten bei der Hitze doch einiges zu tun. Ganz besonders loben
muss man auch das bestens gelaunte Team von Consec Security,
ohne die das Erste Hilfe Team weit mehr Kreislauffälle hätte
behandeln müssen und die viel zum gelingen eines denkwürdigen
Festivals beitrugen. Besser geht’s nicht Jungs.
BERND SONNTAG