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ROCK IM PARK 2014, NACHLESE SONNTAG, 08.06.2014

Die Musikanlagen auf dem Zeltplatz und die Autoradios kündigten schon in den Morgenstunden den Headliner des dritten und vorletzten Festivaltages an: Linkin Park. Während besonders das junge Publikum auf der Center Stage bedient wurde, zog es vor allem die Generationen über zwanzig zu Slayer und Rob Zombie auf der Alternastage.
ROCK IM PARK 2014, NACHLESE SONNTAG, 08.06.2014
Taylor Momsen, Foto: Helmut Oelschlegel

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Das war mal ein interessanter Start in den Tag! Für mich als erste Band des Tages kamen erst The Pretty Reckless infrage. Beim ersten Album hatte ich sie für meinen Teil als souveräne Musiker nicht ganz ernst genommen, aber nach der Veröffentlichung des ziemlich aktuellen neuen Albums 'Going To Hell' war ich echt schwer beeindruckt, wie reif Taylor Momsen und Konsorten dann geworden waren. Frontfrau Miss Momsen ist ja eher als Charakter aus der TV-Serie Gossip Girl universal bekannt, aber um das Image auszuräumen, bemühte sie sich mit vollem - nennen wir es mal vulgären - Körpereinsatz. Schon gleich am Anfang mit einem orgasmischen Intro auf die Bühne gerufen und dann mit Courtney Love-Appeal weiter die Rolle durchgezogen.

Karnivool auf der Alternastage waren da schon etwas bräver. Zumindest was die Bühnenshow anging. Statt mit einem Orgasmus-O-Ton als Begrüßung kamen die fünf baren Fußes auf die Bühne, was gar keine schlechte Idee war bei der Hitze, die im beschissensten Winkel genau die Bühne im Beschuss hatte und deshalb vermutlich einige davon abhielt, sich die australischen Metaller mal anzuhören. Für die, denen die Kaiser Chiefs auf der Hauptbühne zu soft waren, waren Karnivool nämlich eine echt mehr als akzeptable Alternative.

Breton auf der Club-Stage präsentierten ihren synthielastigen Indie-Rock-Pop mit britischer Disziplin und Beständigkeit. Immer denselben tanzbaren Stampfrythmus auszuführen ließ einen dann doch ein bisschen zwischen Hypnose und Ohrwurm schwanken. Aus der Club-Stage wieder raus und an das Tageslicht prallten einem dann gleich mal 32 Grad ins Gesicht. Die Securyties verteilten den ganzen Tag über gratis Wasser an jeden, der nett fragte, und irgendwie schien diese gemeinsame Notlage echt zusammen zu schweissen, denn irgendwie waren alle Securyties nett. Hat es so was schhon einmal gegeben - freundliche und hilfsbereite Securyties?

Fall Out Boy auf der Center Stage schien der Publikums-Magnet schlechthin für diese Zeit zu sein. Und überraschenderweise für mich waren sie echt gut. Die dreijährige Pause scheint ihnen wohl bekommen zu haben. Feuer und Pyro auf der Bühne, aber eben auch Feuer unterm Hintern bei Patrick Stump, Pete Wentz und Co. Songs wie 'This Ain't a Scene, It's an Arms Race' und 'Sugar, We're Goin' Down' und auch das Cover zu Michael Jackson's 'Beat It' brachen schon ziemlich früh das Eis zum Publikum, und selbst die neuen Songs kamen wirklich unvorstellbar gut an!

Fanta 4. Zweifelsohne DER Sprechgesangs-Dauerbrenner in Deutschland schon fast seit der vorletzten Währung. Sprich: Ihr Publikum altert mit ihnen, die Songs bleiben grün, und ihre Klassiker zünden auch beim jüngeren Publikum. Sarah (mit H), Lisa, Lukas und Philipp, die heute zu "was geht?" mithüpfen, kamen damals gerade auf die Welt, und die legendäre Lauschgift-Platte der Stuttgarter feiert nächstes Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum! Lauschgift, hier ist überall Lauschgift! Das waren noch Zeiten, als sich die Vier Schwaben mit Moses Pelham und seinem Rödelheim Hartreim Projekt auf ihren Alben gegenseitig gedisst haben. Jetzt, fast nach zwei Jahrzehnten kann man sagen "Vier gewinnt". Musikalisch war die Show OK, optisch auf Festival-Co-Headliner getrimmt, was zusammen nichts halbes und nichts ganzes ergibt. Wer sie schon einmal in der Halle gesehen hat, oder als Headliner, weiss, dass die vier ganz anders abzocken können. Dazu kommt das Altersproblem. Thomas D. mit seinen Tattoos und dem natürlichen Redeschwall nimmt man das Herumgehüpfe ja noch ab, aber insbesondere Smudo sollte sich langsam mal selber auf der Bühne anschauen. Kollege Christoph sagte, Smudo sehe inzwischen aus wie direkt aus der Schlange an der Kasse im Baumarkt gepickt, und hat damit nicht ganz unrecht. Fazit: Show mit Krachern am laufenden Band, aber bei der Hitze und mit vollem Tageslicht am dritten Festivaltag kann ja gar nicht zünden. Rein imagetechnisch sollten sich die vier Schwarzfahrer mal ein bißchen mit den Hosen befassen, denn die stehen zu Haarausfall und Älter werden, singen auch mal vom Scheidungskrieg und haben es irgendwie geschafft, immer noch relevant und glaubhaft zu sein. Wobei: "Fornika" von den Fantas war doch eigentlich auch ein interessantes Spätwerk für das ältere Publikum, oder? Kollege Kronberger, Rauschgiftdezernat übrigens, hat den Gig nur gehört, weil er nicht von seiner Decke auf der Centerstage-Wiese hochkam! "Zwölffuffzich, na, für dich Dreizehn!"

Als großer Headliner des Sonntags spielten Linkin natürlich im Park, wie vor zwei Jahren, dessen fast schon legendärer Auftritt inklusive Heiratsantrag ja auch schon von den Hosen besungen wurde. Um 21:20 Uhr wurden sie schon mit offenen Armen und nervösen Füßen begrüßt. Der Song "Guilty All The Same' von dem in ca. zwei Wochen erscheinenden neuen Album, konnte schon fehlerfrei als charismatischer Starter herhalten, um dann ganz gekonnt in sowohl ältere und neuere Gefilde zu fließen. Und da Linkin Park ja mittlerweile so viele Songs im Hitformat haben, dass die alle gar nicht auf die Setlist passen, spielten sie immer wieder nur Fragmente einiger Songs an, vermischten sie miteinander und kamen dann später aber konsequent nochmal darauf zurück, um ja niemanden zu vernachlässigen. Generell war die Setlist eine einzige perfekt ausgearbeitete, homogene Linie. Und bevor Sänger Chester Bennington überhaupt zu 'Castle of Glass' ansetzen konnte, musste die Band das Intro des Songs gleich noch um eine Minute improvisieren, um nicht den Chor aus Liebesbekundungen des Publikums zu unterbrechen. Dieses ging übrigens bis in die letzte Ritze des Zeppelinfeldes ab, ganz zu schweigen von Herrn Bennington höchstpersönlich.

Auf dem Weg zum Meister auf der Alternastage haben wir dann noch die die letzten zwei Songs von Slayer gehört. Nachdem man sich bei betreten des Feldes wieder einmal fragte, wer da gerade spielt, weil der Sound auf der Alternastage wie ein billiger Autoradio (ohne Bass, Dynamik und zu leise) klang, reichten die Ketten von Kerry King auf der zu kleinen Videowall, um Bescheid zu wissen. Nach wie vor eine stilprägende Band, die sich zu 20 % auf ihre zwei Klassiker beruft und zu 80 % auf den Kultfaktor. "Reign in Blood" und "Angel Of Death", letzteres wurde zum Schluß gespielt. Übrigens: Es ist immer noch cool, als (Metal-)Band Slayer als Einfluss zu nennen. Eine genauere Analyse der Band und ihren Auftritt um die Urmitglieder Araya und King erfolgt demnächst von unserem Metal-Heavyrocknroll Peter.

Gestern hatten sich Nine Inch Nails auf der Alternastage offensichtlich über alle Reglementierungen und Lautstärkereduzierungen hinweg gesetzt und einen fetten Sound gefahren, der beinahe die angrenzenden Bäume entlaubt hatte. Heute trat Meister Rob Zombie mit seiner Alice Cooper-Gedächtnisshow an, um... genauso mau, leise und basslos zu klingen wie eine Vielzahl anderer Bands auf dem gehörschonensten Festival Deutschlands. Vielleicht sollten einfach nächstes Jahr dreimal Mando Diao im neuen Sound spielen, die brauchen kein Laut mehr. Rob Zombie kann, wenn er von der Kette gelassen wird, eine richtig geile Show abzocken. Bei diesem Sound allerdings wirkt das, als wenn ein Lamborghini auf Mofa gedrosselt wurde. Man beschränkt sich also, das ganze optisch gut zu finden. Wichtigstes Mitglied in Zombies Liveband ist ganz klar Gitarrist John 5, den viele durch seine stilprägende Gitarrenarbeit bei Marilyn Manson kennen. Er hat es einfach drauf, einen ganz eigenen Sound zu kreieren und Stilelemente aus der Countryschule mit coolen schrägen Griffen auf die Rockgitarre zu übertragen. Keiner spielt die markante Slidegitarre bei "More Human Than Human" von Robs früherer Band White Zombie so locker aus dem Handgelenk wie er. Außerdem hat er einen Maskentick und erinnert damit etwas an Wes Borland, der bei Limp Bizkit auch immer den Clown gibt. Bei Rob Zombie ist es allerdings anders herum: Da verkleidet sich jeder wie ein wandelnder Altkleidercontainer und Zombies Dreadlocks sind sowieso ein Gesamtkunstwerk und sicher auch wohnen ganz viele kleine Tierchen drin. Ist wahrscheinlich auch als 6D-Biotop in der amtliche Kartierung eingetragen. Tja, die Schminke von Rob war auch perfekt! Er sah aus wie der Tod von Forchheim! Nach der halben Show gingen wir aber trotzdem, denn Sound und so... ihr wißt ja. Man freute sich immer auch die Kracher, und wenn abwechselnd White Zombie-Lieder wie "Real Solution" oder Rob Zombie Songs wie "Superbeast" angestimmt wurden, freute man sich erst einmal, um sich dann verzweifelt die Ohren auszuputzen. Half nichts, es wurde weder lauter noch hörte man Bass. Nicht einmal hinten in der Mitte...

Lea Biermann

Ewald Funk