RIVERSIDE
LOVE, FEAR AND THE TIME MACHINE
INSIDE OUT / UNIVERSAL
„Warschau“ heißt erstens in der Seemannssprache soviel wie
“Aufgemerkt“ und ist auch zweitens die Hauptstadt Polens, von
daher kommt - drittens - auch die Progband Riverside, deren
neues Album Anfang September erscheint. Nicht nur dass der Kopf
und Sänger der Band – Mariusz Duda – Bassist ist, macht die
Osteuropäer für das Bass Quarterly interessant, sondern auch
das Niveau, auf dem das Quartett inzwischen musiziert. Sie
könnten auch Engländer oder Amis sein. Bevor der Musiker eine
Progband anhört, muss aber erst eines geklärt sein: Dream
Theater oder Porcupine Tree? Also frickelt die Band in
Lichtgeschwindigkeit wie die US-Weltrekordhalter für
außerirdische Virtuosität, oder geht es in die
sanft-psychedelische Richtung Pop-Prog der britischen Porcupine
Tree um Progfather Steven Wilson? Letzteres. Und Riverside
gefallen auch schon nach fünf Durchläufen außerordentlich, weil
sie unaufdringlich Emotionen verkaufen, statt an
Musikweltmeisterschaften teilzunehmen. So dominieren auf der
der neuen Scheibe eher ruhigere Songs und gebremste Dynamik,
Klangwelten und Melancholie sind die Duftmarken, die unsere
Ohren pudern. Wenn der Spannungsbogen bei anderen Bands an
dramatischen Stellen eher eruptiv wäre, fährt die Band ihren
Lowrider eher mit schleifenden Füßen am Boden. Ich sah die Band
Mitte der Nullerjahre das erste mal auf dem Eclipsed Festival
mit meinen damaligen Heroen Amplifier als Headliner, und muss
sagen, mit dieser Scheibe sind wir schlussendlich doch noch
Freunde geworden. Prog kann auch massenkompatibel sein, ohne
seine Liebe zum Detail zu verlieren. Interessant auch, dass das
renommierte Inside Out Label bereits nach dem Debut der Polen
anklopfte, ob man nicht den Zweitling (2005) veröffentlichen
könnte. Ein Ritterschlag, und das deutsche Label hatte Recht:
Aus denen wird/wurde noch was. Der Frontmann und Bassist
Mariusz bevorzugt einen melodiegeführte Spielweise, typisch für
Bassisten „die eigentlich lieber Gitarre gespielt hätten, aber
der Platz in der Band war halt nicht mehr frei.“ Er braucht
auch keine fünf oder sechs Saiten, vier reichen für die
Melodien und Stimmungen, die ihm vorschweben. Und neben seinem
Nexus JBN Acouslectic MD Signature Holz benützt er immer noch
seine erste Schaufel, einen Fender Jazz Bass aus mexikanischer
Produktion. Scheinbar ist da immer noch genug Pfeffer in dem
„alten Hobel“.
7 von 9 Punkten
EF