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NEUIGKEITEN/AKTUELLES EINZELANSICHT

INTERVIEW HEFT 139: INDICA

Lasst uns doch einmal alle Klischees und Vorurteile, die man in den mitteleuropäischen Breiten bei Skandinaviern und im Besonderen bei Finnen hat vorab rekapitulieren. Erstens: Finnen sind immer sturzbetrunken, wenn sich ihnen eine Gelegenheit hierzu bietet. Gute Beispiele hierfür sind: Sonnenuntergang, Feierabend und Wochenenden. Zweitens: Finnische Mädels sind durch die Bank hübsch. Männer sehen aus wie Lordi ohne Maske. Drittens: Ohne Sauna, in der die Finnen sonderbaren Ritualen nachgehen, würden sich Finnen nie waschen oder vielleicht sogar aussterben. Viertens: Jeder in Finnland singt oder spielt wenigstens ein Instrument. Fünftens: Finnen haben eine komische Sprache mit 15 Fällen und reden deswegen nur langsam, wenn man ihnen eine Pistole an die Brust setzt oder wenn sie unter dem unter erstens beschriebenen Zustand stehen (dann allerdings etwas schneller, dafür noch unverständlicher). Ansonsten sind sie eher einsilbig.
INTERVIEW HEFT 139: INDICA

INTERVIEW MIT JOHANNA SOLUMAA VON INDICA

Die fünf Mädels von Indica sind Finninnen. Glücklicherweise treffen von den fünf oben beschrieben Klischees dann doch nur höchstens vier der fünf teilweise zu. Nur Klischee Nummero zwo lässt ein bestehendes Vorurteil endgültig zur Realität erstarren. Diese „Girls“-Band, die in ihrer skandinavischen Heimat seit ihrer Gründung 2001 mit ihren vier ausschließlich in ihrer Landessprache aufgenommenen Alben, schon ein paar goldene und platinfarbene Scheiben an den heimischen Holzwänden hängen hat, ist einfach ein wahrer Augenschmaus, der uns zukünftig, angefangen bei Rock im Park Anfang Juni, auch auf deutschen Bühnen gelegentlich „heimsuchen“ wird.

Songschreiberin, Sängerin und Multiinstrumentalistin Johanna Solumaa, kurz Jonsu, stand zum englischsprachigen Debüt der Band rcn. hierzu Rede und Antwort, auch wenn die Antworten, typisch Finnisch eben, doch ab und an, etwas knapp ausfielen.

rcn.:  Eine reine Mädelsband gehört zu den wirklichen Ausnahmen im rockigeren Bereich. Was ist eigentlich die Geschichte hinter Indica und ihren Mitgliedern?

Jonsu: Ich weiß nicht, ob unsere Musik als so rockig gelten kann. Wir versuchen eigentlich nur Musik zu kreieren, die nach uns klingt.

Wie wurde die Band denn eigentlich gegründet?

Ich und Heini, unsere Bassistin, waren schon als Kinder befreundet und mit allen anderen Bandmitgliedern waren wir dann auf der Schule, wo wir schließlich auch die Band gegründet haben.

Was hattet ihr damals für Absichten? Wolltet ihr es vielleicht den männlichen Mitschülern zeigen?

Ich denke nicht, dass wir mit irgendwem konkurrieren wollten oder es auch jetzt tun. Wenn wir es jemanden zeigen wollen, dann nur uns selbst. Wir haben immer versucht, Musik und Geschichten zu erschaffen, welche eine Zuflucht vor all den bösen Dingen dieser Welt darstellen. 

Was in der Tat ganz gut klappt. Man kann durchaus sagen, dass Euere Musik ein wenig nach vertonten Märchen für Erwachsene klingt. Ist das ein Image mit dem ihr leben könnt? Die Presse hat auch schon eine Bezeichnung für Euch gefunden: „Mystic Romatic Pop“.

Ich denke, dass unsere Lieder tatsächlich so etwas wie Märchen für Erwachsene darstellen, aber auch für Kinder und eigentlich alle Alterklassen geeignet sind. Hauptsache der Zuhörer empfindet Glück beim Hören. Uns hat auch schon einmal einer gesagt, dass wir wie Disney auf Acid klingen. Ich sage wir sind eher Alice im Wunderland ohne die Pilze.

Warum habt ihr Euch nach neun Jahren nicht unerfolgreichem Bandleben erst jetzt entschlossen, Euch auch außerhalb Finnlands zu präsentieren?

Es war einfach die perfekt Zeit dafür. Ich habe von vornherein Songs auf Englisch und Finnisch komponiert, aber als wir die Sprache für unser erstes Album aussuchen sollten, fanden wir, dass sich Finnisch für uns natürlicher anhört. Plötzlich hatten wir dann so viel Arbeit um die Ohren, dass es das erst einmal war. Als Tuomas Holopainen von Nightwish uns dann erstmals mit auf Tour durch Skandinavien und danach durch Europa nahm, kamen immer mehr ausländische Fans auf uns zu, die gerne unsere Texte auch verstanden hätten. Das war für uns das Signal – wir müssen zukünftig auf Englisch singen und international werden. Von Finnland haben wir mittlerweile ohnehin schon jeden Winkel gesehen.

Habt ihr da nicht ein wenig Bammel davor, wie der europäische Markt jetzt auf Euch reagiert?

Der Musikmarkt oder irgendwelche kommerziellen Aspekte machen uns eigentlich nicht wirklich nervös. Ich denke, dass diese Bedenken, Sache der Plattenfirma sind. Wir hoffen eigentlich nur, dass die Leute ihre Freude an Indica haben werden.

Seid ihr dann wenigstens neugierig auf solche Großereignisse wie Rock im Park, wo die Leute eigentlich eher Spring-Break-Gefühle zelebrieren als wirklich auf die Musik der Bands zu achten?

Egal, was passiert. Rock im Park wird sicherlich eine gute Erfahrung für uns sein. Wir fühlen uns schon geehrt, dass wir überhaupt die Chance haben, dort zu spielen.

Viele der Songs auf „A Way Away“ basieren in aufgepeppter Art auf den Melodien von Liedern von Eueren Finnischen Platten. Nachdem ich außer „Kioski“ und „Perkele“ kaum Finnische Wörter kenne: habt ihr die Lieder originalgetreu übersetzt oder erzählt ihr auf Englisch nun neue Geschichten?

Die Texte sind komplett neu. Wir haben allerdings versucht, jeweils die gleiche Atmosphäre einzufangen, welche die Finnischen Originaltexte hatten. Leider ist es nicht möglich 1:1 Übersetzungen anzufertigen ohne den poetischen Anschlag zu ruinieren.

Erst kürzlich habt ihr auf dem Twilight Fan Event in Berlin gespielt. Habt ihr da nicht Bedenken, dass ihr durch solche Auftritte gleich von Anfang an von allen in die Teenage-Mädels-Ecke gesteckt werdet?

Ich sehe keinen Grund dafür, warum wir davor Angst haben sollten. Wenn jemand keinen Bock darauf hat, unsere Musik zu hören, sehe ich auch keinen Grund dafür, warum er es tun sollte.

Wie denkt ihr über den Twilight-Media Hype, der gerade umgeht. War das in Finnland genauso?

Na klar. Wollen wir nicht alle für immer leben und Blut trinken?

Die Ewigkeit kann für mich gerne noch ein wenig warten. Mich interessiert eher Euere nähere Zukunftsplanung.

Auf uns kommen jetzt erst einmal viele Auftritte, Werbemaßnahmen und Reisen zu, nachdem unser neues Album am 25. Juni erscheint. Ich hoffe nur, dass es den Leuten gefällt.

Was ist nach Deiner Ansicht der Hauptunterschied zwischen einer Band mit ausschließlich Frauen und einer Männerband? Abgesehen davon, dass Männer eher seltener schwanger werden können.

Ich glaube nicht, dass Jungs so biestig werden können, wenn sie etwas ärgert. Darüber hinaus bedürfen Mädels ein wenig mehr musikalischen Talents, um ihre Instrumente so gut zu beherrschen wie ihre männlichen Pendants. Das liegt an den kleineren Fingern. J

Welche Plätze würdest Du Leuten spontan vorschlagen, die zum ersten Mal nach Finnland fahren?

Jonsu: Sie sollen aufs Land fahren und in einem See baden gehen.... und das am besten im Sommer.

Saunieren ist Kult in Finnland? Auch für Euch? Beschreib doch mal ein typisches Saunaritual.

Klar, auch für uns. Beschrieben ist das ganz einfach: Wir heizen die Sauna auf 100 Grad hoch und schlagen uns dann gegenseitig mit Ruten aus Birkenzweigen. Im Winter kann es dann auch durchaus sein, dass wir mitten in einer Sauna-Sitzung in den Schnee springen.

Eläkeläiset hat sich erst kürzlich um eine Nominierung für den Eurovision Song Contest bemüht, haben es aber nicht geschafft. Weißt Du warum?

Keine Ahnung!

Wäre das nicht etwas für Euch?

Ich glaube nicht, dass das unser Ding ist, obwohl wir alle ABBA sehr mögen.

Für wie wichtig haltet ihr die neuen Kommunikationsmedien wie facebook, twitter und Konsorten, um mit Eueren Fans zu kommunizieren?

Die Fans möchten immer mit den Bands in Kontakt stehen. Egal auf welchem Weg das dann passiert. Es ist gut, dass es diese Foren in der Zwischenzeit einfacher machen.


Thorsten Adelhardt