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BEATSTEAKS FANS AUS ISRAEL BEIM ROCK IM WALD (FESTIVAL HEUTE UND MORGEN) USELESS ID SAGEN AUFTRITT AB WEGEN KONFLIKT IM GAZA STREIFEN

Ironie der Geschichte: Der Konflikt im Gaza Streifen sorgt zur Zeit für Zündstoff in der Weltpresse, egal auf welcher Seite man steht, Useless ID aus Tel Aviv machen kernigen Punk und mögen die Beatsteaks und sind von der friedlichen Sorte. Die Band hätte heute am Freitag, 25. Juli um 16.30 bis 17.15 Uhr auf der Rock im Wald Bühne gespielt, sagte aber wegen dem Krieg in Israel ab. Unsere Mitarbeiterin Anika Wiesbeck hat die Band zuhause in Israel – lange vor dem Konflikt – im April getroffen und interviewt... So bleiben nur ein paar Zeilen. Hier ihr Artikel:
BEATSTEAKS FANS AUS ISRAEL BEIM ROCK IM WALD (FESTIVAL HEUTE UND MORGEN) USELESS ID SAGEN AUFTRITT AB WEGEN KONFLIKT IM GAZA STREIFEN

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Interview mit Useless ID Gitarrist Ishay Berger, Tel Aviv, April 2014

„Zum ersten mal eine Band aus Israel bei Rock im Wald!“ Hatte die RIW-Crew stolz auf ihrer Facebook Seite gepostet. Und was für eine: Useless ID sind eine israelische Punk Institution. 1994 haben ein paar Jungs in der nordisraelischen Küstenstadt Haifa angefangen zusammen Musik zu machen. 20 Jahre später haben sie praktisch mit allen auf der Bühne gestanden, von Lagwagon über No Use For A Name und den Toten Hosen. 2013 waren sie Support bei der „Ballast der Republik“-Tour. Im April dieses Jahres habe ich Gitarrist Ishay Berger in Tel Aviv zum Interview getroffen. Er ist fast von Anfang an mit dabei, seit 1995, ein jüngerer Bruder Gideon sitzt seit 2012 am Schlagzeug.

.rcn: Wo seid ihr mit Useless ID schon überall herum gekommen?

Ishay: Wir haben schon überall gespielt, fast. USA, Japan, nur in Südamerika nicht und Hawaii. Aber sonst überall. Sogar Mallorca und auch China.

.rcn: In China?!

Ishay: Ja! Wir waren die zweite Punkband nach Sham 69 (die Engländer sind 2009 durchs Land  getourt), die in China aufgetreten ist. Aber nach dem dritten Mal haben wir uns gedacht, ok, das wars jetzt, wir müssen wirklich nicht jedes Jahr hier spielen. Es ist einfach so anders dort, das Internet ist ja beschränkt und so weiter. Die Leute finden die Konzerte viel aufregender, haben aber keine Ahnung was sie erwartet. Ein Freund, der uns etwas hilft beim Organisieren und manchmal Merch verkauft, musste den Sound machen. Aber dann nicht nur für uns, auch für die anderen Bands und gleich noch den Einlass regeln. Aber wir kommen mit so was klar. Auf der anderen Seite ist es wirklich Punk, das Publikum hat sich das vorher nicht bei Youtube angeschaut oder so, bei der Show machen sie einfach das, wonach ihnen gerade ist. Ich habe auch sehr viel Blut in China gesehen, es ist schon sehr krass. Aber ich habe es überlebt.

 

.rcn: Du nennst Eure Musik selbst auch Punk Rock. Ist es im Jahr 2014 noch wichtig, sich mit einem Genre zu identifizieren?

Ishay: Ich weiß nicht. Für uns ist es ok, das man sagt: Useless ID machen Punkrock. Für uns ist eigentlich nur wichtig, dass klar ist, die machen keinen Folk und auch keinen Metal. Punkrock passt, auch wenn es kein klassischer Punkrock ist. Ich habe keine Geduld, mich mit den tausend verschiedenen Begriffen auseinander zu setzen.

.rcn: Ihr habt schon oft in Deutschland gespielt, erinnerst du dich an euer erstes Konzert in Deutschland?

Ishay: Ja, Gleis 22 in Münster. Ich erinnere mich an alles. Ab und zu denke ich darüber nach! Wir sind an dem Tag noch in den Skaterladen dort gegangen, Green Hell. Am nächsten Tag haben dort Supergrass gespielt und wir dachten uns „wow, wir spielen in demselben Club wie Supergrass“! Münster war ein super cooler Ort für Skateboarder.

.rcn: Hat es bei Euch auch mit Skateboarden angefangen?

Ishay: Ja, absolut. Schon, als mein Bruder und Ich noch Fans von Useless ID war, keine Bandmitglieder, haben die anderen schon immer die Musik aus den Skateboard Videos gezockt, die Klassiker, sie haben immer über über Operation Ivy, Fugazi und so gequatscht, durch die Videos sind sie auf neue Musik gekommen. Ich hab dann irgendwann angefangen Maximum Rocknroll (Anm. d. Red. eines der auflagenstärksten Punk Fanzines) zu kaufen, damit hab ich die anderen platt gemacht. Ich habe mich informiert und Leute weltweit angeschrieben, um neues Material zu bekommen. Ich meine, wir konnten nicht die ganze Zeit nur Pixies und Genesis hören! Damals waren wir noch 15, 17 oder so, haben alle noch bei unseren Eltern in Haifa gelebt.

 

.rcn: Hast du auch Stoner Rock gehört?

Ishay: Ja, auf jeden Fall, ich bin die Art vom Typ, der im Plattenladen rum hängt, ich habe alles mögliche an Musik gehört. Ich mag Weedeater, die sind echt gut! Aber auch die Klassiker, Sabbath, Neurosis. Ich mag nur den riffigen Südstaaten Sound nicht so. Ich hör lieber den schlimmen Sludge Krach (lacht).

 

.rcn: Stoner Rock ist ja auch Punk, Skateboarden, Generator Parties, Musik machen, so hat in der Wüste alles angefangen.

Ishay: Ja, die ganzen Desert Sessions und so. Die Jungs haben früher ja auch Black Flag gehört. Wir haben übrigens mal mit Spirit Caravan gespielt, mit Wino, genau, das war verrückt. Denn die haben sooo langsam gespielt. Wir sind ja eher von der schnellen Sorte.

 

.rcn: Kann ich mir vorstellen, Doom und Punk sind ja doch ne Ecke entfernt. Was Rock'nRoll und Stoner angeht, passen die Skandinavier dann besser zu Euch.

Ishay: Die Hellacopters und so, ja, die haben gute Bands! Aber das passiert uns oft, dass wir in einem verrückten Line Up enden. Unsere erste Show außerhalb von Israel war in Berkeley, da haben Distopia gespielt und Damad, später wurden die Kylesa, Neurosis, Speedboy und noch andere Bands wie diese, dieser ganze Ostküsten Crust Kram. Das war so verrückt, irgendwie dachten die, das ist ne Punkband aus Israel, die müssen ziemlich frustiert sein oder so und haben uns dazu gebucht. Und dann kamen wir, ein paar alberne Jungs mit Baggy Pants, das war abgefahren. In Cleveland haben wir mit The Business gespielt, da waren viele Skinheads. Led Zeppelin Coverbands waren auch schon dabei. Ja, das passiert uns dauernd.

.rcn: Welche Clubs kannst du in Sachen Punk Rock in Tel Avi empfehlen?

Ishay: Auf jeden Fall die Koro Bar, seit 15 Jahren gibt’s das schon, hießen früher anders, jetzt Koro, benannt nach einer seltsamen Hardcore Band aus den Staaten, die hatte eine 7 inch, mehr nicht. Auch The Zimmer ist auch ziemlich gut, vor allem was DIY angeht.

 

.rcn: Ist DIY immer noch sehr wichtig für die Szene?

Ishay: Nein, aber the Koro z.B. ist ein Club von fünf Freunden, die anderen Clubbesitzer sind einfach Arschlöcher, DIY meint hier einfach, dass man dort nett zu dir ist. Auch wenn nur vier Leute zu deiner Show kommen, dann trinken die Jungs einfach ein Bier mit dir und beschweren sich nicht, wie es normalerweise Rockclub Mentalität ist. Ich fand die DIY Diskussion immer unnötig, es wird überbewertet. Wenn du deinen Kram selbst erledigst, musst das nicht extra labeln, du machst es einfach. Viele wollen das einfach auf ihrer Schulter stehen haben.

.rcn: Wenn wir schon dabei sind, wie siehts mit Straight Edge aus?

Findet nicht statt in Israel. So mitte der 90er war das etwas mehr, die Leute sind zu Shows gegangen, hatten es auf den T-Shirts stehen, wie in Europa auch. Die einzigen, die jetzt übrig sind bilden keine richtige Szene mehr.

.rcn: Du hast vor dem Interview kurz erwähnt, dass es in de Punkszene viele Verbindungen zwischen Tel Aviv und Berlin gibt, wie sieht das aus?

Ishay: Ja, viele Bands und Leute kennen sich, das gilt aber auch für Garage Bands und andere Musikrichtungen. Manche haben Freunde, sind verheiratet, die Leute besuchen sich oft, es gibt da viele Beziehungen, manche sind verheiratet. Eigentlich spannend, dass das niemandem von uns passiert ist, denn wir haben viele Freunde, viele Bands haben uns toll unterstützt, waren sehr großzügig. Wir können das hier in Israel alles gar nicht zurück geben, dazu gibt es hier nicht die Möglichkeiten. Da fallen mir einige deutsche Bands ein, Tagtraum oder Scheisse Minelli, großartig!

.rcn: Haben Euch die Bands als Support eingeladen?

Ishay: Ne, getourt haben wir so oder so, aber sie haben uns einfach viel geholfen, ein Platz zum Schlafen, Essen, sie haben mit uns gespielt, dafür bin ich wirklich dankbar. Ich meine wir können das nicht zurück geben, denn wir können einfach nicht mit jeder Band spielen, die hier nach Israel kommt, das würde gar nicht gehen. Aber es ist auch immer noch so, wenn wir irgendwo hinkommen, egal wohin, wir treffen Freunde und spielen mit ihnen.

.rcn: Muss man in Tel Aviv leben, um in Israel als Punkband Musik machen zu können?

Ishay: Nein! Ich sage Nein, aber dennoch lebt tatsächlich jeder hier. Es gibt keine Band außerhalb von Tel Aviv. Es geht natürlich schon, aber überall sonst ist es eben einfach spießiger.

.rcn: Deshalb lebst du hier?

Ishay: Ja, ich fühle mich dem Lebensgefühl hier mehr verbunden. In Haifa, meiner Heimatstadt ist das anders. Es ist eine „Du geht’s zur Schule, du leistest deinen Militärdienst, du heiratest, du gehst arbeiten und stirbst“ – Attitude. Hier in Tel Aviv sind eher die Einzelgänger, die Individualisten, die exzentrischen Menschen, hier fühle ich mich wohler. Ich weiß woher ich komme, ich bin dort auch ab und zu, aber ich könnte keine Woche dort leben. Ich meine, es ist alles nicht so tragisch, aber wenn ich die Wahl habe bin ich eben lieber hier. Es ist wie in diesem albernen College Film, mit dem Typen, der das College nicht verlassen will, weil es einfach zu viel Spaß macht. Er ist 30 und hängt immer noch mit den Kids rum. Mir geht es wie ihm, ich kann die Party nicht verlassen. Das Ding ist, ich trinke nicht, ich bin nicht Single, ich gehe nicht in die ganzen Bars, eigentlich beanspruche ich einen Ort, der für Jungs gemacht ist, die Anfang 20 sind und nach ihrer Militärzeit Party machen wollen (lacht).

.rcn: Zu einer Party gehört auch Musik, was hörst du gern?

Ishay: Eine der besten Bands der Welt sind die Beatsteaks. Sie schreiben großartige Songs, sie klingen einzigartig, niemand klingt wie die Beatsteaks, sie sind so cool. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Mitglied einer cooleren Band sein könnte. Und sie gehen sehr bescheiden mit der Tatsache um, dass sie so gut sind. Sie benehmen sich jetzt auch nicht anders als zu Beginn ihrer Karriere. Und die letzten Songs auf den Alben sind immer richtig gut. Wenn eine Band es immer schafft, dass der letzte Song richtig gut ist, dann haben sie es drauf!

.rcn: Es gibt eine Parallele zu Useless ID, auch bei den Beatsteaks wurde ein Fan Bandmitglie.

Ishay: Wirklich?! Wer?

.rcn: Torsten, der Bassist

Ishay: Ja! Der Bassist, er sieht immer sehr dankbar und glücklich aus, mit dem was er macht. Ein bisschen wie ein Teddybär. Ich glaube einfach, die ganze Band versucht nicht irgendwas darzustellen, was sie nicht ist. Immer wenn ich irgendwo bin, hole ich den Ipod raus und frage: „Kennst du die Beatsteaks? Nein? Ist dir eigentlich klar, was du verpasst?!“ Wir waren in Australien und haben mit The Decline getourt und der Drummer meinte dann, „Wow, das ist genau mein Ding!“ Ich will jetzt auch nicht nur große Bands nennen und ich war nie ein Riesen Fan der Toten Hosen, aber als wir mit ihnen auf Tour waren, habe ich gesehen, dass das etwas Einzigartiges ist. Ich war schon überall, aber es gibt nichts Vergleichbares, auch was das Publikum angeht, jeden Abend 10 bis 15 tausend Menschen, eine absolut positive Stimmung, alle gehen respektvoll miteinander um. Und sie spielen 2,5 Stunden, das macht niemand! Bad Religion schaffen 1,5 Stunden. Die Songs sind auch echt gut und das über einen so langen Zeitraum. Ich habe mir dann mal die alten Videos angeschaut und dachte mir: Scheiße, das sind dieselben Typen!

.rcn: In Deutschland ist man ja normalerweise Fan der Toten Hosen oder von Die Ärzte...

Ishay: … ja ich weiß! Ich glaube auch, mit Die Ärzte wäre eine Tour super, ich liebe den Song „Arschloch“. Den haben die Toten Hosen ja auch gecovert. Und allein schon, weil die beiden Bands diese Rivalität untereinander irgendwie auch feiern, sind sie einfach cool. Einer der lustigsten Momente auf Tour war, als der Song „Arschloch“ gerade lief. Ich wusste nicht, was es mit dem Song auf sich hatte und hab einem Gitarrentechniker der Toten Hosen gesagt: „Das ist ein Wahnsinns Song!“ Und er meinte: „Ach wirklich, DEN Song magst du also? Ich erklär dir das mal: Das ist ein Ärzte Song, den haben die Hosen gecovert um sich darüber lustig zu machen.“ Und ich dachte mir, oh Shit (lacht).

.rcn: Für Israel hast du mir dne Tip gegeben: Geh in Haifa essen, da gibt es das besten Essen (Anm. d. Red. stimmt übrigens, Fatouch), wie stehst du zu deutschem Essen, hast du irgendwelche speziellen Erinnerungen?

Ishay: Nicht wirklich, wir essen eben das typische Backstage Essen. Darüber unterhalten sich Bands übrigens untereinander auch, so nach dem Motto: „Was habt ihr denn bekommen?“ (lacht). Aber das Tour Catering in Deutschland ist immer ziemlich gut! Nicht typisch deutsch, aber gut. Wir sind alle Vegetarier in der Band, in Europa ist das kein Problem, In Japan z.B. ist es schrecklich, alles ist mit Fisch und Meeresfrüchten.

.rcn: Rock im Wald ist im Norden Bayerns, eigentlich aber nicht in Bayern, Franken. Wir nehmen es damit etwas genauer. Auch weil man bei Bayern immer sofort hört: Oh Munich, Oktoberfest. Aber Franken hat sehr viele kleine, feine, eigene Brauereien und wir sind stolz darauf, wie sieht es mit Bier aus?

Ishay: Nein, leider nicht, vor über einem Jahr habe ich aufgehört Alkohol zu trinken. Aber ganz sicher habe ich vorher einige Biersorten aus Franken probiert, ganz sicher.

Anika Wiesbeck

 

Useless ID hätten am Freitag, 25. Juli um 16.30 bis 17.15 Uhr auf der Rock im Wald Bühne gespielt, sagten aber ab.

 

 

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