HIER GEHT ES ZUR FOTOGALERIE AUF FACEBOOK:
https://www.facebook.com/pg/rcnMagazin/photos/?tab=album&album_id=1653492808004294
Die erste Programmhälfte bis zur Pause gehört mehr der
halsbrecherischer Artistik, sei es durch Balancearbeit hoch
oben in der Circuskuppel oder durch motorisierte Stunts mit
Cross- oder Trialmotorräder. Nach der Pause steht viel Ästhetik
und Humor im Vordergrund. Umbaupausen gibt es praktisch kaum
noch, alles geht Schlag auf Schlag...
Überraschung: Die Manege ist nicht mehr länglich, sondern
kreisrund und alle Zuschauer sitzen noch viel näher am
Geschehen. Es gibt dieses Jahr keinerlei Sichtbehinderung oder
ungünstige Plätze. Dafür sorgt das neue Zelt, und das ohne dass
weniger Zuschauer pro Vorstellung Platz finden. Auf ein grobes
Motto, einen roten Faden als Oberthema wie in vergangenen
Jahren verzichtet man, dafür stehen die durchweg hochklassigen
Artisten ganz im Vordergrund. Ebenso neu: Auf Haltesicherungen
speziell bei Hochseil- und Luftakrobatik verzichtete man. Nicht
etwa um die Sicherheit der Profis zu erhöhen, dies geschah auf
deren eigenen Wunsch: Man könne sich dann viel besser
konzentrieren. Das Nervenkostüm des Zuschauers sollte also
schon gefestigt sein, wenn man sich Flic Flac anschaut. Hier
ist alles echt, keine Computeranimation betrügt das Gesehene
und neben die Sorge um die Artisten weicht allmählich der
Bewunderung, wieviele Übungsstunden und hartes Training für so
einem Abend nötig sind. In einer Zeit, in der durch
Extremsportarten und Action-Fernsehen die Messlatte für
wirklich Spektakuläres immer höher geschraubt wird, kann Flic
Flac locker mithalten.
Das geht schon bei der ersten Vorführung der ADRENALIN
CREW los mit dem Todesrad. Vor allem, wenn die Jungs
aus Kolumbien auf den innen und außen begehbaren Ringen mal
locker oben das Seilhüpfen anfangen, oder wenn sich der
Exzenter besonders schnell dreht, beim Abstieg einige Meter
beim Hüpfen scheinbar schwerelos mitfallen und dann sicher
wieder aufsetzen.
VICTOR SHAINOHA, der Weißrusse mit dem
blonden Iro weiß um seine Wirkung auf Frauen, wenn er an den
Strapaten, den beiden Bändern, hoch gezogen wird und mit
durchtrainiertem Körper sonst ungesichert perfekt getimte
Figuren zieht. Das DUO EXXTREM, Mira und
Mehmed, arbeiten ebenso mit Strapaten, aber zu zweit. Perfekt
aufeinander abgestimmt turnen sie durch die Lüfte, und auch
wenn (viel) Wasser dazu kommt, sitzt jeder Griff. Wenn manche
Ehe doch auch so auf gegenseitliches Verlassen sein können
basieren würde wie ihre Show!
Die ADRENALIN CREW hat dann als zweite Show
auch noch Hochseil zu bieten. Das ist nicht einfach Slackline
etwas höher mit Balancestangen. Wenn sie dann ihre menschliche
Pyramide aufgebaut haben und dreistöckig über das Hochseil
spazieren ist es mucksmäuschenstill im Rund. Unglaublich, diese
Konzentration! Ohne jegliche Sicherung! Haben die einen
Notfallplan für ein Mißgeschick? Das Quartett
WILD! aus der Ukraine zeigt dann, was man mit
Muskelkraft und Balance am Boden so alles fertig bringt.
Genauso wie JENNI und DANIIL,
die im (echten) Regen balancierend auf dem Boden und in der
Luft eine unglaublich ästhetische Mischung aus Balett und
Äquilibristik aufs Parkett legen. Zum weinen schön! Genauso wie
das DUO TURKEEV, die mit den Strapaten das Auf
und Ab in der Liebe ästhetisch darstellen.
DENIS IGNATOV braucht als Solokünstler nur
Metalstäbe. Ob zum Kubus zusammen gesetzt oder andere
geometrische Formen, er jongliert traumhaft sicher und vor
allem schnell. Zusammen mit perfekt inszeniertem
Stroboskop-Licht entstehen durch die Trägheit des menschlichen
Auges ganz neue Formen. Viel zu schnell, um heraus zu finden
wie er das macht. Und vor allem, perfekt! Kein Schnitzer trübt
die perfekte Darstellung. SANDEEP VITHOBA KALE
braucht auch nur einen Baumstumpf für seine Mallakhamba-Show.
Das ist in Indien Volkssport, eine Art Pole-Dance, aber mit
viel Geschick und Muskelkraft. Unbedingt anschauen!
JENIA braucht auch nur einen großen Ring,
Rhönrad auf einem Bein quasi, einmal mehr perfekt beherrscht
einer sein Gerät.
Liebe Damen! Ihr macht doch gerne Yoga, oder? Seht Euch
ANASTASIYA MAZUR aus der Ukraine an, sie hat
es auf dem Weg zum sagenumwobenen Gummimenschen schon bis an
die Weltspitze gebracht. Nur soviel: Ihre ruhigen aber optisch
heftigen Verrenkungen widersprechen jeder anatomischen Regel,
wonach sich Gliedmaßen nur bis zu einem bestimmten Punkt dehnen
lassen. Diese Grenze scheint die Dame schon längst
überschritten zu haben.
Flic Flac und Zweirad-Motorengeruch gehören zusammen. Und die
Sprünge von Motocross-Maschinen auch. Dieses Jahr aber wurde
die Sprungrampe direkt in die Tribüne integriert. Die Maschinen
kommen aus einem kleinen Treppenaufgang und springen
halsbrecherisch aber traumhaft locker über die Manege. Die
MAD FLYING BIKES-Truppe ist wohl der Höhepunkt
an Risiko und Dramatik. Doch es geht auch langsam.
ROMAIN CHALIER zeigt, wie sich der Trialsport
mit den leichten aber kraftvollen Motorräder in den letzten
Jahren entwickelt hat. Mal eben mit kurzem Anlauf über eine
kleine Rampe nach einem Salto punktgenau auf dem Autodach
landen: Für ihn kein Problem. Die Manege verläßt er dann
standesgemäß. Über die steile Treppe mitten durchs Publikum.
Faszinierend!
Haben wir noch jemand vergessen? Zwei werden jedem ans Herz
wachsen. Der Eine: JUSTIN CASE ist Australier
und fährt Fahrrad. Soviel sei gesagt. Das Fahrrad kann winzig
sein, oder Normalgröße. Hierbei steckt er während des Fahrens
gerne auch mal Lenker und Sattel um oder fährt auf einem Rad
weiter und holt sich sein verloren gegangenes Vorderrad mal
schnell bei der nächste Runde wieder ein. Sein Humor ist
überzeugend, die Gags sitzen, und man wünsche sich diese
Lockerheit von so manchem Stadtradler in der Noris. Der Andere:
PATRICK LEMOINE ist Kindskopf, meisterhafter
Jongleur und sein Humor als Comedian ist staubtrocken. Genau
die richtige Mischung, um auch dem größten Aufsprecher im Büro
alt aussehen zu lassen. Sein Charme ist umwerfend und der
französische Akzent entwaffnend komisch. Ein
Gesamtkunstwerk!
Zusammenfassend kann gesagt werden: Auch die diesjährige Flic
Flac Show ist wieder perfekt, auch ohne Motorräder in der
Kugel, dafür diesmal mit mehr Ästhetik und Emotionen, ohne dass
das Spektakel zu kurz käme.
Unbedingt anschauen, bis zum 14. Januar laufen die
Vorstellungen!
Karten: https://flicflac.de/nuernberg/#tickets