.rcn - event & music – Seit 34 Jahren gratis! Wir rocken Franken!

Die Infos zur neuen Datenschutzverordnung lest Ihr ganz unten auf der Seite oder über diesen Direktlink:
Hinweise zum Datenschutz auf www.rcnmagazin.de

NEUIGKEITEN/AKTUELLES EINZELANSICHT

SO WAR D-A-D IM HIRSCH/NBG. AM 5.12.10

Wenn ein Konzertabend nicht ausreicht, um alle Knaller einer Band zu spielen, dann ist die Band nicht erst seit gestern unterwegs. D-A-D sind zumindest seit ihrer 1989er Scheibe "No Fuel Left For The Pilgrims" für jeden ein Begriff, der Dänemark und Rockmusik in einem Atemzug nennt.
SO WAR D-A-D IM HIRSCH/NBG. AM 5.12.10
Bassist Stig mit seinem neuesten Zwei-
finger-Bass.

Und die Fans waren da! Seit geschätzten zwei Jahren standen sie nicht mehr in Nürnberg auf den Brettern, trotzdem waren sogar an einem Sonntagabend genug Rockmusik-Gourmets da, die sich die typische "Nein, ich muß morgen Arbeiten"-Ausrede sparten, und in den Hirsch trotz Schneemalör strömten. Der Band geht es gut. Fast alle sind mittlerweile Familienväter und Kapellmeister/Gitarrist Jacob Binzer erzählte vor dem Gig mit stark sarkastischen Worten von den üblichen Pubertätsdepressionen seiner inzwischen halbwüchsigen Töchter. Die Band stellt sich allerdings die Frage, warum man mit beständig guten Scheiben -jedes der zehn Studioalben hatte meist zwei überragende Nummern- in Deutschland seit Jahren immer nur auf dem selben Niveau tourte. D-A-D sind weder eine Glamrockband, noch machen sie reinen Classic Rock, die Antwort liegt vielleicht darin, nicht oft genug getourt zu haben, falsch einsortiert zu werden und auf Festivals relativ selten gespielt zu haben. Plattenverkäufe dienen wirtschaftlich heute ja weniger als Maßzahl, sondern eher die Livepräsenz. Und der abendliche Gig sollte es zeigen: D-A-D sind nicht nur eine hervorragenden Liveband mit abwechslungsreichen Programm, sondern gerade jetzt optimal gereift und vor allem live immer besser geworden. Viel zu Schade für das vielgescholtene Altenteil von Musikern über 45, außerdem sind sie in Dänemark Nationalheiligtum, auch wenn Volbeat dort momentan diesen Rang eingenommen hat.

Im Vorprogramm gab es ausgerechnet eine Neo-Glamrockband. Pussy Sisster aus der Karlsruher Ecke waren Haarspray-Rocktheater pur. Als Comedy gesehen eine tolle Sache, aber wenn die Jungs das vom Herzen her todernst nehmen und tatsächlich glauben, das Koglomerat aus Poison, Warrant und Guns'N'Roses würde aus der Gruft auferstehen und die Welt würde wieder in Spandex tanzen, dann tun mir sie wirklich leid. Trotzdem hat ihr optisch auffälliges Programm aus 08/15-Glamrock Spaß gemacht.

D-A-D begannen dann mit "Evil Twin" und "Jihad" recht forsch und waren sofort der Platzhirsch im Hirsch. Das Alter scheint an ihnen scheinbar spurlos vorbei gegangen zu sein, rein musikalisch sind sie nach wie vor eine blind abgestimmte Groovemaschine. Sänger Jesper führt seine humorvollen Zwischenansagen mittlerweile komplett auf Deutsch und hat auch als einziger in der Band seine Haare nie geschnitten, was er auch rein physikalisch aufgrund noch vorhandener Stirnbehaarung noch nicht muß oder sollte. Blickfang wie immer für die Damen: Bassist und Texter Stig Pedersen. Gertenschlank, Showman in silbernen Outfit und auch sonst voll epiliert, sieht man von seiner inzwischen gegelt/geölten Lockenpracht auf dem Kopf ab. Wie immer dabei: Seine irren Instrumente. Alle mit nur zwei Saiten (er braucht nicht mehr) und mit exquisiten Ausstattungsmerkmalen. Zum Beispiel der Bass aus Plexiglas mit Beleuchtung oder der berühmte "Raketenbass". Die Olive mit Zahnstocher war nicht mehr dabei, aber die neueste Kreation ist das Instrument, bei der Korpus und Kopfplatte einer Strat vertauscht wurden und beides diametral vergrößert bzw. verkleinert wurde. So richtig in Fahrt kam der Gig zu Ende des Sets, bei dem mit dem Gaspedal-Triple "Road Below Me", "Sleeping My Day Away" und "Bad Craziness" viel Rauch aufgrund toller Songs gemacht wurde, das ungewöhnlich aktive fränkische Publikum forderte auch sofort Nachschlag. "I Won't Cut My Hair" und das dunkle "Monster Philosophy" bildeten die erste Zugabe, der eine Zweite folgte und als Rausschmeißer dann das berühmte Akustikstück "It's After Dark": Die Hymne für Insider, die bei dem ursprünglichen Bandnamen auch eine Rolle spielt, als Disneyland After Dark sich damals aufgrund rechtlicher Schritte des Disney Konzerns in D.A.D umbennen mußten.

Wie Jacob vor dem Gig erzählte, ist das neue Album nun bereits im Kasten und wird wohl im Frühjahr erscheinen, außerdem könnte es sein, dass die Band bei einem größeren Festival in Nordbayern 2011 durchaus auch auf dem Billing auftaucht. Fazit: Wo man bei anderen Bands von Stagnation sprechen muß, werden D-A-D immer besser und legen optisch und musikalisch noch eins drauf. Gerne und unbedingt wiederkommen, der Hirsch war an diesem (Sonntag-)Abend schon fast voll.


Ewald Funk