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SO WAR: ROCK IM PARK, FREITAG, 03.06.2016, NBG. ZEPPELINFELD

Jetzt nach dem Heft ist endlich Zeit für Onlinefutter. Die Langversion unseres RIP-Nachberichts, wie immer meisterhaft von Lea Biermann formuliert. Da wir nicht auf allen Bühnen gleichzeitig sein konnten deswegen natürlich mit vielen Lücken. Wer „seine“ Band nicht wiederfindet und gerne etwas darüber schreiben möchte, wir nehmen gerne noch Gastbeiträge auf, per Email bitte an redaktion@rcnmagazin.de.
SO WAR: ROCK IM PARK, FREITAG, 03.06.2016, NBG. ZEPPELINFELD

SO WAR: ROCK IM PARK, FREITAG, 03.06.2016, NBG. ZEPPELINFELD

Text: Lea Biermann
Fotos: Matteo Salasnich


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Die besinnlichen Pre-Rock-im-Park-Wochen sind endlich vorbei und für drei heilige Feiertage löst sich eine Stadt vom Normalzustand. Während der große Bruder den Midlife-Krisen-Umzugsstress langsam abgelegt hat, bleibt die Kirche größtenteils in Nürnberg im Dorf in gewohnter (Un-)ruhe. Die aufblasbaren Penisse zieren nachmittags bereits das apokalyptisch gefärbte Himmelspanorama, und ein einsamer Cowboy versucht im Delirium des schon langsam dekantierenden Alkohols in Richtung der Bühnenbeleuchtung zu reiten.

Dort trifft er, wenn er vom Glück geleitet wurde, vielleicht sogar Heisskalt an, die für mich persönlich den Festivaleinstieg bilden. Als Paradebeispiel für eine mittlerweile nicht mehr so exklusive Insider-Newcomerband, die es innerhalb von genau 5 Jahren mit zwei Alben und vor allem aber einer überwältigenden Live-Präsenz auf die Bühnen von Rock im Park und anderen Größen gespielt haben, demonstrieren sie wie gewohnt, dass besagte Touring-Manie sich in Mundpropaganda auszahlt und um 16 Uhr schon gut die Fläche vor der Park-Stage füllt. Von ihrem neuen Album „Vom Wissen und Wollen“ präsentieren sie gleich Tracks wie „Euphoria“ und „Absorber“, ebenso wie das kontrastreiche Lied „Nacht ein“. Und auch die restliche Setlist spiegelt genau die Ambivalenz wider, die Heisskalt ja schon im Namen trägt: Eine Zerrissenheit zwischen heissem Moshpit-Bewegungsdrang und kalter Lethargie.

Nahtloser Übergang also zu den Briten Bring Me The Horizon auf der Zeppelin-Stage, die selbiges Konzept nur in das anglistische Vokabular übersetzen und musikalisch minimal transferieren. Ob „Fucking Circlepit“, „Fucking Jump“, „Fucking Noise“ etc. vergessene B-Sides sind, die Oli Sykes zwischen den Ansagen vertont und keiner etwas mitbekommt? Die Frage bleibt weiterhin unbeantwortet inmitten vieler anderer. War Sykes‘ Einladung zu einer großen Umarmung bei „Drown“ gar an die Securities gerichtet statt an das Publikum? Ist die Sykes’sche Modelinie Dropdead gar ertragreicher als Live-Shows?

Bei SDP auf der Park-Stage fällt zum ersten Mal auf, dass Ansagen tatsächlich auch mit den Songs in Verbindung stehen können. Und ebenso erstaunlich ist es, wie viele Mittelfinger gegen Polizisten in die Höhe schießen können, und kein einziges grünes Männchen am Bühnenrand mit der Wimper zuckt unter solch utopischen Rahmenbedingungen wie einer SDP-Show. Insgesamt aber vermutlich die aktivste Show, die den Park auch in den folgenden Tagen um diese Uhrzeit segnen soll.

Lonely The Brave hingegen machen es sich im Anschluss in der dunklen Arena gemütlich und laden sich innerhalb der ersten Songs gegenseitig statisch auf, um dann wesentlich euphemistischer aufzutreten als vor zwei Jahren um 12 Uhr in der Mittagshitze auf der Park-Stage. Die souveränste Live-Band bilden sie weiterhin nicht, aber auf irgendeine Art sind sie dabei so sympathisch, dass Selbstbewusstsein gar keine Rolle zu spielen scheint in Anbetracht der musikalischen Wucht. Viele Songs vom neuen Album „Things Will Matter“ werden interpretiert, aber auch schon kurzweilige Klassiker wie „Trick of the light“ oder „Backroads“. Egal, in welchen Aggregatzustand LTB sich selbst oder ihre Zuhörer verwandeln – ob sie von emotionalen Gehalt schmelzen oder in den atmosphärischen Klängen des Post-Hardcore resublimieren – sie tun es einvernehmlich, und das beeindruckt auf allen Meta-Ebenen, die man ihnen zusprechen kann.


Um das familiäre, britische Kameradschaftsgefühl fortzuführen, zwingt ein magnetischer Pol zu den Schotten von Biffy Clyro auf die Park-Stage, die mit ebenfalls einem neuen Album im Gepäck genauso viel einhalten, wie sie versprechen. Nämlich zeitlose Virtuosität inmitten der Schnittmengen verschiedener Stile. Sänger Simon Neil ist unter der mittlerweile fast ellbogenlangen Haarpracht teils kaum mehr zu erkennen, wenn stets schelmisch betonte Songzeilen von Haarball zu Mikrofon zu Lautsprechern zu Resonanzkorpus Publikumschor wechseln. Obwohl die größte Fanbase erst seit Opposites auf das Mon The Biff-Schiff aufgesprungen ist, verpacken die drei Schotten ein sehr breites Spektrum ihrer Diskografie in gewohnt dynamische Ausdruckssprache – sowohl musikalisch, als auch motorisch. Und da man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist, verzichte ich an diesem Abend auf weiteres Programm, sondern verlasse das Gelände mit einem breiten Grinsen.