FRANK TURNER
POSITIVE SONGS FOR NEGATIVE PEOPLE
VERTIGO / UNIVERSAL
(VÖ 07.08.2015)
Da ist er wieder, der Brite mit dem unwiderstehlichen Lächeln,
der alle tätowierten Punkrock-Mädels um den Finger wickeln
kann. Frank Turner ist eine Art Ricky Martin der
Punkrock-Szene, es ist aber auch keine Schande, den Mann als
Mann gut zu finden. "Positive Songs For Negative People" ist
schon seit sechstes Studioalbum, das erste seit er mit seiner
neuen Hardcore-Band Möngöl Horde gewollt unter dem Radar flog.
Als Frank Turner sucht er wieder das Rampenlicht. Den Einfluss
der Horde hört man aber. Die neuen Songs sind bandorientierter
und härter, als von ihm gewohnt. Die Mädchen müssen sich also
an einen rauheren Ton gewöhnen. Melodien und Hooks sind aber
nach wie vor in Hülle und Fülle vorhanden. Die Mädchen mit den
Sternchentattoos werden also nach wie vor so lange an den
Fleischtunneln ihrer Macker herumzupfen, bis die sich endlich
in Bewegung setzen und mit zum Frank-Turner-Gig gehen. Keine
Sorge, auch dort gibts Bier, Jungs!
8 von 9 Punkten
WH
FRANK TURNER
POSITIVE SONGS FOR NEGATIVE PEOPLE
VERTIGO / UNIVERSAL
Vor gerade einmal 361 Tagen stand Frank Turner noch auf der
Bühne des restlos ausverkauften Hirschs und gab jene erste
Noten von The Next Storm und Demons zum Besten, die ein Jahr
später erstmals den Produzenten bei den Aufnahmen zu seinem
sechsten Studioalbum erreichen würden. Und genau das ist der
Spirit, der Turners Musik auch nach ausverkauften Hallenshows
(im UK) und Radio-Playlist-Stammplatz innehält: Folk für das
Volk und nicht für die Kaffeekasse. Das nunmehr sechste Album
in 8 Jahren zündet mit demselben Spirit und Werten wie Nummer 1
anno 2007 und mit selbiger Energie, wie sie eigentlich nur
einem Debut innewohnen kann.
8 von 9 Punkten
LB
FRANK TURNER
POSITIVE SONGS FOR NEGATIVE PEOPLE
VERTIGO / UNIVERSAL
Der in Bahrain geborene Brite hat nicht nur einen
Bachelor-Abschluss in Europäischer Geschichte und war Sänger
der Punkband Million Dead, sondern ist – ganz bescheiden
ausgedrückt – eine ziemlich coole Sau. Dafür kann man sich
schon mal die Fanbrille fest tackern, bevor man die Rezi
schreibt! Voilá! Ein vor juveniler Vorfreude platzender Frank
Turner auf der Bühne einer ausverkauften Liveshow im Sommer
2014 schob sich mir gleich in den Kopf, als ich Turners
sechstes Studioalbum zum ersten Mal zu Gehör bekam. Denn (auch
dank YouTube leicht zu belegen) spielte Turner mit seinen
Sleeping Souls bereits 361 Tage vor der Veröffentlichung von
„Positive Songs For Negative People“ zumindest zwei Songs vom
jetzigen Album. Und wie ein Bootleg einer dieser Turner-Shows
klingt auch „The Angel Islington“, der herzlich grüßende erste
Song der Tracklist, musikalisch gemeinsam einsam mit der
Akustik-Gitarre, thematisch mit Nordlondon und der Themse
sympathisierend. Dieser sachte Einstieg bietet aber nur die
Vorlage, um dann ganz Turner-like in Folkpunk-Gefilde
abzutauchen und folgenschwer auch die folkpunkigen
Themengebiete anzusegeln: Freundschaft, Liebschaft, Feindschaft
mit dem Selbst und dessen Schlichtung. Und dieses Spektrum
sollte wider Versprechungen des Albumtitels ein breiteres
Klientel als Pessimisten ansprechen, sondern eher lebens- und
wanderlustige Fans des „skinny half-arsed english
Country-Singer“. Und vielleicht auch einige Mitschwimmer und
Chartneurotiker, die seit dem vorangegangenen Album „Tape Deck
Heart“ von 2013 und der im Radio gespielten Single „The Way I
Tend To Be“ auf den Turner-Train aufgesprungen sind. Doch jene
sollten spätestens jetzt entweder abgesprungen sein, oder mit
erweiterter Toleranzidentität auf Turner-Konzerten in der
ersten Reihe abklatschen. Denn Turner besinnt sich zu großer
Freude meinerseits tendenziell eher auf Noten und Werte aus
legendären (Früh-)Zeiten wie zu „Poetry Of The Deed“ und
„England Keep My Bones“ statt auf den Vorgänger, der zwar auch
seine Stärken und Momente hatte, aber statt blasphemischer
Schreinkunst Turners Ideale nur Pop-Art in Tomatendosen
abpackte. Ihm nach all dieser Zeit den Sell-Out anzukreiden,
wäre abseits der Gerechtigkeit, denn trotz einer geballten
Packung Sing-A-Longs und massenkompatibler Rhythmen versprüht
der ebenbürtige Brite noch immer den bescheidenen, krediblen
Punk-Charme, verpufft auf Songs wie Out Of Breath seine vier
Akkorde und Lungen-Kondition, um dann viktorianisch-romantisch
mit einer Live-Aufnahme von „Song For Josh“ das Album zu
endigen, ganz so wie er es auf seinem Debutalbum „Sleep Is For
The Week“ mit „The Ballad Of Me And My Friends“ zu tun
pflegte.
Lea Biermann / Ewald Funk
7 von 9 Punkten