SKUNK ANANSIE
ANARCHYTECTURE
EARMUSIC / EDEL
Nah am Perfektionismus: Kommerzieller Bombast-Britrock
Normalerweise schreiben immer nur die Promoagenturen in ihren Waschzetteln für Journalisten, dass die neue Scheibe „die beste der Band“ sei, wenn sie die neueste Akustikpanne lang existierender Bands schönreden wollen. Ich aber suche immer noch einen Fehltritt auf „Anarchytecture” und versteige mich ehrlich gemeint in Sektlaune nach mehreren Wochen häufigen Auflegens des Jubiläumalbums zum 20-jährigen Bandbestehens zu diesem Prädikat. Die britische Querdenker-Rockband um die provokativ-markante Frontfrau Skin fährt hier alle ihre Trademarks perfekt arrangiert und instrumentiert in elf Teilen auf: unpeinliche aber trotzdem pathosbeladene Balladen „Let You Down“, groovige Discostampfer „In The Backroom“, wutentbrannte Hymnen oder punkige Anklageplädoyers im forschen Tempo „That Sinking Feeling“. Es scheint, dass die Band nach der selbstgewählten Auszeit von neun Jahren besser den je ihre kreative Energie zu bündeln weiß und bei diesem dritten Album nach dem internen Jakobsweg den Bogen raus hat, mitreißende Songs zu schreiben, die viele der heutigen, heftig gehypten Kurzzeitstars ziemlich alt aussehen lassen. Skandalöserweise dann auch noch inklusive Texten MIT Bedeutung! SKUNK ANANSIE unterstreichen mit ANARCHYTECTURE, dass sie im Meer der übrig gebliebenen 90er-Jahre-Rockdinosaurier jederzeit in der Lage sind, mit einem Gegenentwurf zum gängigen handzahmen Mitläuferrock aus der Deckung kommen zu können. Wer die Band die letzten Jahre wieder live sehen durfte, dürfte mit offenem Mund beim Nachhauseweg bestätigen, dass das Quartett aus Brixton einerseits die junge Generation schon im Boot sitzen hat und außerdem Frontfrau Skin mit ihrer XXL-Präsenz aus Optik, Charme und der schneidenden Falsettstimme immer noch unschlagbar jeden Besucher um den Finger wickeln kann. Fazit: Kaufenswerte Bereicherung.
7 von 9 Punkten
EF
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