HYMNEN-ART-ROCK
BIFFY CLYRO
ELIPSIS
14th FLOOR RECORDS / WARNER
Sie haben es wirklich getan. Nach ihrem von mir heiß geliebten
und hervorragendem (Doppel-)Album „Opposites“ noch eins drauf
gelegt. Drei hochmusikalische junge Burschen aus Schottland,
die nicht nur der jungen Damenschaft reihenweise den Kopf
verdreht, sondern auch deren Freunde überzeugen, zumindest wenn
sie selber Musiker sind. Wer die Band schon einmal live gesehen
hat, wird als Klampfer oder Basser neidlos anerkennen, dass die
Herrschaften zum einen einige Kilometer im Proberaum abgespult
haben, zum anderen ein sicheres Händchen fürs Songwriting
haben. Die Band tritt in der Regel mit nacktem Oberkörper auf,
Sänger und Blickfang Simon Neil schnallt sich seine blaue Strat
meist kurz unter die Achseln und wenn die Maschine läuft, sind
ihre Stakkato-Parts meist von traumwandlerischer Exaktheit. Das
sah man zuletzt bei Rock im Park, wo parallel auf der großen
Bühne Black Sabbath mit dem grenzdementen Ozzy vor dem
Teleprompter eine grausig abgemischte, bemitleidenswerte
Abschiedsshow spielten, Biffy auf der Alternastage volle Hütte
hatten, und mit ihren emotionalen Mitsingkrachern tausende
Menschen glücklich machten. Über den Status eines gut gehüteten
Geheimnisses ist das schottische Trio also schon lange hinaus.
Als dann die neue Platte kam, habe ich mir das Album einfach
lange gar nicht angehört. Wie ein Geschenk, das man erst einmal
nicht auspackt, weil man nicht enttäuscht werden möchte. Und
dann lief zwei Tage lang nichts anderes mehr. Heureka, wieder
ein Knaller, alle Trademarks des Vorgängers noch eine Spur
besser. Ihre unnachahmliche Fähigkeit, die hohe Virtuosität in
der Instrumentenbeherrschung mit zuckersüßen Popmelodien und
Mitsingrefrains zu verknüpfen, ist ihnen nicht abhanden
gekommen. Mit dieser Scheibe dürften sie den Schritt zum
Headliner mittels Technik und überlegenem Songwriting schaffen.
Amen, und Verzeihung, aber ab und zu darf etwas gutgemeinter
Fanatismus in der Kultur erlaubt sein.
Ewald Funk
9 von 9 Punkten