CD REZI POPULARMUSIK AUF NIEDERBAYRISCH
MATHIAS KELLNER
KETTNKARUSSELL
SÜDPOLMUSIC / SOULFOOD
Ein Mann mit Gitarre, Singer/Songwriter... damit können wir
hier beim .rcn Magazin die Straße einen Kilometer rund ums Büro
pflastern. Kaum ein Genre erlebt derart inflationär Masse statt
Klasse die letzten beiden Jahre. Einer aber bekommt immer einen
Sonderplatz, weil er ausnahmsweise nie ein schlechtes Album
veröffentlicht. Der Straubinger Geschichtenerzähler und
Singer/Songdenker spielt mal mit Band, mal als Akustikkünstler.
Hier also wieder ein Soloalbum. Diesmal ist er hörbar gereift,
das Leben hat ihm mehr Geschichten erleben lassen, er ist
erwachsener geworden, schlanker, die Songs sind dadurch
tiefgründiger und manchmal nachdenklicher geworden. Was
geblieben ist: Der unnachahmliche Wortwitz, die Ironie, der
Sarkasmus. Geschichten am Rande der Gesellschaftskritik, Songs
über liebenswerte Loser in Liebesdingen aus der Provinz...
jeder Song ist wieder mal sorgsam ausarrangiert mit etwas
Bleckblasinstrument (bringt etwas Haindling-Stimmung) an der
richtigen Stelle oder einfach etwas flotter mit Percussion und
sogar Steelguitar. Und über allem bringt er einen wieder mal
jede Stimmung allein durch seine Stimme mit den genial auf den
Punkt verfassten Texten perfekt unter die Haut. Mathias Kellner
– der einzige singende Kachelofen, der innen und außen wärmt.
Obligatorisch: Es befindet sich keinerlei verschwendeter Platz
durch B-Ware auf der CD. Dialektpopmusik auf Niederbayrisch für
Mitdenker aller Gehaltsklassen... wenn man überhaupt etwas
hervorheben sollte, dann Song vier, „Geh Hoam“. Einfühlsamer
kann man das tragische Ende einer auslaufenden Beziehung in
Alkohol ertränkt wohl kaum beschreiben. Beinahe folkloristisch:
Song zwölf, das Ende eines Abends „dahoam in der Stubn“, beide
etwas ruhiger, also nicht ganz repräsentativ zwischen den sonst
eher forschen Nummern. Bei Gefallen sollte man durchaus mal ein
paar Kilometer fahren, um eines seiner Clubkonzerte zu
besuchen. Er ist nämlich durchaus in der Lage, äußerst sinnige
und charmante Zwischenansagen aus dem Ärmel zu schütteln. Die
Songs erledigen den Rest.
Ewald Funk
8 von 9 Punkten