BONNIE "PRINCE" BILLY
SINGER’S GRAVE A SEA OF TONGUES
DOMINO / ROUGH TRADE
Wenn der Christbaum zuviel Schmuck trägt wirkt er überladen
oder bricht zusammen. Genauso ergeht es dem gemeinen VW Sharan,
den man völlig überladen mit Großfamilie und vollgepfropften
Dachgepäckträger auf der A8 Richtung Balkan oft beobachten
kann. Man kann auch Musik mit zuviel Ballast überladen, die
dann einfach irgendwann mal unter dem eigenen Gewicht zusammen
bricht. Bonnie „Prince“ Billy ist das hier nicht passiert,
obwohl er als Ausgangsprodukt sein 2011er Album „Wolfroy Goes
To Rown“ nahm, und einige der damals sehr puristischen
Folksongs als neues Alternative Country Album eingespielt hat.
Die langsamen und getragenen Songs gewinnen natürlich durch die
Unterstützung von nicht weniger als dreizehn verschiedenen
Studiogästen deutlich an Fülle, ohne aber überladen zu wirken.
Bonnies Grundrhythmus ist immer ein langsamer Walzer, er singt
meist dieselben wellenhaften Melodiebögen, was natürlich nicht
sehr abwechslungsreich klingt. Durch die vielen
Zusatzinstrumente wie E-Gitarre, Piano, Akkordeon, Fiedel und
vieles mehr wird aus dem kargen Ausgangsmaterial eine richtig
gut produzierte Balladenscheibe für den Abend. Bonnie „Prince“
Billy heißt eigentlich Will Oldham und begann als Schauspieler
in Independent Filmen. Außerdem arbeitete er schon mit einigen
Größen im Musikzirkus zusammen. Steve Albini, PJ Harvey, Johnny
Cash, David Byrne, Björk und mit Tortoise, mit denen er gleich
ein ganzes Album zusammen machte. Durch seine Seehundartigen
Vollbärte und den ganzen Connections ergibt sich am Ende
natürlich ein grandioser Hipnessfaktor dieses aus Kentucky
stammenden Musikers. Eine dieser Platten, die man rein zufällig
zuhause herumliegen haben muss, wenn man Spex-Leser zu Besuch
hat.
EF
6 von 9 Punkten