GLUBB GEGEN WERDER, 29.09.2013 3:3
Nur 3:3 statt 5:5. Oder: an der Weser wird ohne Abwehr
gespielt
Während eines Sonntagsausflugs in den hohen – müsste es nicht
tiefen heißen? - Norden erlebt man einige sonderbare Dinge.
Schon am Erlanger Bahnhof vor 6:30 Uhr stehen jede Menge
Dirndl- und TrachtträgerInnen. Es ist ja gerade auch ein nach
dem kommenden Monat benanntes Fest in Nordösterreich. Sogar
gleichgeschlechtliche Paare haben sich kostümiert. Ist dies
Ausdruck wie weit sich unsere Gesellschaft entwickelt hat oder
Zeichen von Dekadenz? Im ICE aus München kommend, weiter von
Nürnberg nach Hannover standen Schuhe im Gang, verbreiteten
einen massiven Schweißgeruch, während ihre offensichtlich
außerbayrischen Besitzer auf dem Heimweg den Rausch im Abteil
ausschliefen.
Richtig gemütlich war es dann im IC von Hannover nach Bremen,
es war der Ostfriesenkrimiexpress nach Norddeich Mole mit Halt
u.a. in Westerstede-Ocholt, Augustfehn, Leer und Norden.
Pünktlichst kurz vor 12:00 Uhr war Bremen erreicht und bei
stahlblauen Himmel, aber sehr kalten Wind (jemand sagt „steife
Brise“ dazu) konnte Bremen besichtigt werden.
Roland (vorne Mitte) und Roland (hinten
Mitte)
Nach der Stärkung mit original Bremer „Knipp“ (Foto) ging es langsam zu Fuß zum Ballsporttempel. In Nürnberg läuft man am Dutzenteich entlang zum Stadion, ähnlich in Bremen. Nur dort ist es ein sehr lang gezogener Teich mit schöner Promenade und interessanten Figuren. Sogar die Wahlurne der Bundestagswahl war noch aufgebaut, jetzt verstehe ich auch endlich das Wahlergebnis.
Knipp
Kunscht
:-)
Wir erreichten das Weserstadion. Komischer Name. Bei uns müsste das Max Morlock dann eigentlich Dutzendteichstadion heißen, jedoch gibt es hier etwas vermutlich weltweit Einzigartiges: Ein Stadionheftverkäufer hat sich einmal so darüber geärgert, dass sein Heft regenbedingt nass wurde, das er, aber nur er, das Stadionheft in Prospekthüllen verkauft. So musste zumindest mein Stadionheft trotz des kalten Windes nicht frösteln.
Stadion und Teich/Weser
Das Stadion schaut von außen aus wie ein Einkaufszentrum,
kulinarisch dominieren Fischsemmeln und Bratwurst, bzw. was man
im kleinsten Bundesland so als Bratwurst bezeichnet.
Was ist blau und stinkt nach Fisch?
Drinnen fällt auf, dass der untere Tribünenteil, der die
frühere Laufbahn überdeckt nur eine windige
Stahlrohrkonstruktion in Färdderbauweise ist. Ist wohl ein
Markenzeichen grünweißer Vereine. Die Flutlichtmasten sind
mittels Träger im Dach verankert. Die Bremer Kurve heißt - wie
passend - Prostkurve. Um noch mehr Werbung platzieren zu
können, wurden auf der Haupt- und Gegengeraden in die Brüstung
weitere LED-Werbebanden angeschraubt. Das Musikprogramm ist
nicht schlecht, stark Indie geprägt. Allerdings werden die
Songs fast nie ausgespielt.
Die Stadionsprecher, darunter Arnd Zeigler, begrüssten uns wie
folgt: "Wir haben ja Gäste aus Bayern nicht so gern, dies gilt
aber nicht für unsere Gäste aus Franken, dem Nürnberger
Traditionsverein“ und legten „die Legende lebt“ auf. Leider nur
sehr kurz nach gefühlten 30 Sekunden waren die heimischen
Klänge auch schon vorbei. Die Bremer Fanlieder sind eher
traurig, Texte wie „wenn die Weser einen großen Bogen macht um
das Weserstadion“ werden durch die typische Schlagermusik noch
schauriger gemacht.
Unser Heiner
Bei der Bremer Mannschaftsaufstellung wird zum Schluss
mehrfach „die Nr. 12 sind“ angekündigt und das Rund antwortet
mit „Wir!“. Soviel Mitmachen muss sein, dafür werden bei der
Stadionhymne nur vereinzelt die Schals hochgereckt. Auch sonst
ist das Bremer Publikum etwas reserviert. Durchgehende
Unterstützung, in der Noris Standard, kennt man hier nicht.
Schön dagegen, wenn die Bremer Kurve „Werder“ ruft und der Rest
des Stadion mit „Bremen“ antwortet. Der Bremer Fan ist
politisch korrekt, sogar andere Ultras werden per Banner „Für
eine antirassistische Ultrakultur – Weitermachen Ultras
Braunschweig“ unterstützt. Und Nazis vertrieben: „Stadionverbot
für Voigt und seine Kameraden – Scheiß NPD“. Freundlich ist der
Bremer auch, vor, während und nach dem Spiel wurden wir
sichtbaren Clubbfans kein einziges Mal angepöbelt.
Mitleid mit den Braunschweigern, Lob für unseren
letzten Aufbaugegner.
Leider ist die Bremer Mannschaft nicht so freundlich. Sie
wirbelte los, ein gefährlicher Angriff nach dem anderen kam
über ihre linke Seite, unser Chandler war also noch etwas müde.
Unserem „Heiner“ Schäfer steckte vermutlich noch der Nürnberger
Opernball in den Knochen und seine ungewohnte Unsicherheit
steckte die ganze Abwehr an. So ging der schöne Plan schief,
bis auf den ewig torlosen Bremer Wunderstürmer Eljero Elia alle
konsequent zu decken. Berkay „Abfälscher“ Dabanli schaffte in
der jungen Saison sein zweites Eigentor und Elia erhöhte kurz
danach mit seinen ersten Bundesligator für Bremen auf 2:0. Nach
der letzten komplett torlosen Saison konnte dies kein Bremer im
Stadion fassen.
Eigentlich war das Spiel gelaufen. Zahllose Fehlpässe, ein
Esswein der laufend den Ball verlor, null Druck nach vorne, es
war nur eine Frage von Minuten bis Werder erhöht. In der 40.
Minute dann der erste Schuss auf di Bremer Kiste, es blieb aber
eher ein Roller von Chandler auf das gegnerische Tor. Dann kurz
vor der Halbzeit der erste planmäßige Glubb-Angriff. Hlusek
verlängert rückwärts blind über seinen Kopf Richtung 5er, der
Ball hüpft drollig über einen goldrichtig stehenden Bremer
direkt vor die Flinte von Hiroshi, der dann gnadenlos
einhämmerte. Nach der Halbzeit kam „Highspeed“ Drmic für
Esswein und es war ein komplett anderes Spiel. Der Clubb
spielte die Fischköppe schwindlig, diese verloren den Faden,
blieben aber bei Standards sehr gefährlich. Ein schöner
schneller Angriff brachte das 2:2.
Doch Bremen hat ja einen teuren Wunderstürmer, der fast nie,
sondern nur gegen Nürnberg trifft und Elia traf zum 3:2. Der
Clubb griff unbeeindruckt weiter an, zerlegte durch Kiyo und
Japaner Nr. 2, Makoto Hasebe, richtig planmäßig die Werder
Abwehr und Adam Hlousek zeigte Esswein auf der Ersatzbank, wie
man abstaubt und schoss in der 70. Minute das verdiente 3:3.
Der Clubb wollte jetzt endlich den ersten Dreier, mit Glück,
Dusel und einen guten Torwart rettete Bremen den Punkt. Ein
doch gerechtes Ergebnis nach einen irren, sehr wechselhaften
und spannenden Spiel.
Der Heimweg verlief gewohnt, der aus München gekommene ICE von
Bremen nach Nürnberg musste natürlich erst gereinigt werden,
fuhr dann auch 10 Minuten zu spät los, kam aber pünktlich um
23.24 Uhr in Nürnberg an. Im Regionalexpress nach Erlangen dann
wieder eine Horde Trachtler aus München. Ihrem Gesichtsausdruck
zur Folge hatte ich den deutlich schöneren Tag verbracht.
Roland Hornauer
Fazit: Man sollte auch einmal beachten, dass die
Schirileistung an diesem Tag gut war. Hat nur keiner gemerkt,
da das Heiss-Kalt-Spiel sehr unterhaltsam war. Der in letzter
Zeit etwas glücklose Drmic machte das Match zu seinem Spiel.
Kiyo bekam erst in der zweiten Hälfte Spaß am Ballsport,
während Peki immer als erster bei Flanken mit dem Kopf am Ball
war. Hätten wir den Elfer gepfiffen bekommen, und Nilsson statt
Dabanly verteidigt, wären Pekharts Kopfbälle platziert
gewesen... hätte hätte Fahrradkette. Vielleicht sollte man vor
jedem Glubbspiel die Anzeigetafel einfach auf 2:0 für den
Gegner einstellen, dann kombinieren unsere Idole auch motiviert
und konzentriert. Daß Wiesehahn Bundesliga kann, sah man in der
zweiten Halbzeit. Die Pausenansprache wirkte. Vielleicht hat
auch Magic Mintal die Kabinenpredigt gehalten, oder es wurde
den Spielern mit Labskaus bei Null Punkten gedroht. Für den
Fight gegen den HIV am Sonntag zuhause gilt: Da anknüpfen, wo
in Bremen aufgehört wurde und endlich dreimal mal punkten. Mit
lauter Unentschieden kommen wir nicht zum Klassenerhalt.
EF
Mehr amateurhaftes Geseier in unserem Glubb-Blog DER WAHRE GLUBB