CD REZI PSYCHEDELIC ROCK: MOTORPSYCHO
MOTORPSYCHO
HEAVY METAL FRUIT
STICKMAN/INDIGO
Ich habe mal ein interessantes Experiment gewagt, und die
Platte des Monats aus dem Indie-Fachmagazin Visions (Januar
2010) zwei Nichtkenner vorgespielt. Die gelernte
Indiepolizistin Ilona (20) meinte: „Die Norweger würde ich vom
Berufsbild her als Psychonauts bezeichnen. Das ist eine
treffende Umschreibung für 70er-Jahre-Kiffer, die in
psychedelisch-experimentellen Rocksphären schweben und das als
Platte veröffentlichen. Alles in allem eine saubere Produktion,
unberechenbar dazu, da voller verschiedenster Stilmittel,
allerdings fragt man sich, wo die Band eigentlich hin will.
Nüchtern kann ich ihnen nicht ganz folgen, wer aber
Radioberieselung hasst, kann mit dieser Album-Band sicher einen
schönen Abend verleben.“ Altrocker Martin (Ü40, musikalisch mit
Southern Rock groß geworden) hingegen schmunzelt: „Unglaublich!
Eine Band benützt im Jahre 2010 genau die Stilmittel, mit denen
der klassische Hardrock früher zu seinen Siegeszug angetreten
ist. Witzig, das ‚Heavy Metal Fruit’ zu nennen, denn mit Heavy
Metal hat das so wenig zu tun, wie wenn man Vegetariern in der
Kühltheke ihren Tofu mit einem Aufkleber anbieten würde, auf
denen ‚100 % Rinderhack’ steht!“ Tja, vielleicht ist „Heavy
Metal Fruit“ ja einfach nur der bandinterne Tarnname für das
Zeug, was sich die Band bei den ausufernden Jamsessions im
Studio so reinpfeift. Denn wer für sechs Titel 62 Minuten
braucht, dem kann eine gewisse Spielfreude und
Improvisationsliebe nicht abgesprochen werden. Die drei
Norweger feiern nun also ihr 20-jähriges Jubiläum mit ihrem 19.
Longplayer und einem ganzen Sack voll Ideen, der im Rahmen von
Stoner-, Garagen- und Artrock vor einem ausgebreitet wird.
Eigentlich müsste man jeden Song einzeln besprechen, um die
ganze Vielfalt ihrer grobkörnigen Songmonster beschreiben zu
können. Wer aber mit abgedrehtem Stoff von Wolfmother, Trail Of
Dead oder manchen Krautrocksachen etwas anfangen kann, sollte
hier reinhören. Eine typische Musikerband, die man live gesehen
haben muss, die aber um das Wort Ohrwurm einen weiten Bogen
macht!
Ewald Funk
7 von 9 Punkten