Auswärts in Düsseldorf - Clubb erreicht am vorletzten Spieltag den Ausgleich zum 3:3
Kein schlechtes Ergebnis für den Auswärtssaisonabschluss!
Jetzt könnte eigentlich Ruhe und Zufriedenheit einkehren.
Eigentlich, aber wir sind ja beim Clubb, und drei Nürnberger
Torschützen ohne Gegentreffer heißen noch lange nicht ein zu
Null.
Die Anfahrt von Erlangen aus war gewohnt spannend, die
Regionalbahn nach Nürnberg um 6.28 Uhr - eigentlich viel zu
früh - hatte wegen Personen auf den Gleisen fast 30 Minuten
Verspätung. So war es eine glückliche Entscheidung, eher
aufzustehen und den früheren Zug auf der Dauerproblemstrecke
Forchheim-Nürnberg zu nehmen, denn ich kam gerade noch
rechtzeitig in der Noris an. Dort, von meiner erfahrenen und
rüstigen Reisegruppe erwartet, die nächste Überraschung: Aus
dem gebuchten ICE 1122 mit Reservierung im Wagen 1 wurde ein
Intercity, der mit den Wägen ab 6 startete. Kein Problem, die
Bahn denkt mit und die Reservierungen vom ICE Wagen 1-5 wurden
in den IC-Wagen 7 und 8 verlegt. Dumm nur, dass das
Zugbegleitpersonal erst ab Koblenz von dieser Entscheidung
wusste. So fuhren wir auf nicht reservierten Plätzen und
konnten an jeden Zustiegsort - die Schweizer sagen ja Bahnhof -
hektische und genervte Menschen, darunter offensichtlich auch
einige Sozialpädagogen und Lehrer beiderlei Geschlechts,
beobachten, die ihre reservierten Plätze mangels Wagen nicht
fanden.
Zwischendurch wurde natürlich die sportliche Taktik
besprochen. Schnell war klar, wir müssen verlieren und dann
bekommen wir am Abend von jedem Düsseldorfer in der Altstadt
Freibier ausgegeben. Die Saison ist ja eh gelaufen und schön
ist es auch wenn der Glubb durch Niederlagen gegen Düsseldorf
und nächste Woche daheim gegen die Fischköpfe die Abstiegsfrage
mitentscheidet. Die benachbarte Reisegruppe diskutierte dagegen
die Frage, ob „wir“ zur WM nach Brasilien fahren. Sorgfältig
wurden Pro und Contra abgewogen und was es sonst zu bedenken
gibt. „Da müssen wir sehr vorsichtig sein, da wollen unsere
Frauen mit“. „Mit unseren Frauen nach Brasilien, das ist ja wie
Perlen vor die Säue“, wurde analytisch auf hohem Niveau durch
die Jogi-Fangruppe diskutiert.
Mit 30-minütiger Verspätung wurde Düsseldorf erreicht, ohne
zusätzliche Verspätung die Hotelzimmer an der Kö belegt und die
proppenvolle U-Bahn, was tatsächlich eigentlich drei
Strabo-Garnituren sind, geentert. Am Rheinstadion,
zwischenzeitlich bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, ist kein
Stadion mehr zu sehen. Die Massen laufen auf ein Gebäude zu,
das aussieht wie ein gut verkleidetes Parkhaus oder ein
Eigentumswohnungsklotz. Die Einlasskontrollen, wir waren nicht
im Gästebereich, sondern füllten wie zahlreiche, geschätzt über
10.000, anderen Glubberer, die Nord und Westtribüne, waren
schnell bewältigt. Danach ist man in einer Art „Turnhalle“. Der
komplette Stadionaußenbereich ist eingehaust, mit gutem Blick
auf die gläsernen Logen-Fressstationen. Irgendwie steril, sehr
modern aber ohne Geschichte und Atmosphäre.
Genau rechtzeitig zum Warmmachen war endlich der Block 135 in
dem Labyrinth gefunden, der Rheinländer findet wohl auch ohne
sichtbare Beschilderung seinen Platz. Wie immer als unser
Erster kam „Heiner“ Schäfer raus zum Warm machen und wurde
freudig und aufmunternd von den Fans begrüßt, „Du Arschl…. halt
halt amol wengstens an Bolln“ war der Tenor. Die Düsseldorfer
fingen hingegen beim Warmmachen ihrer Helden mit dem Singen an.
Trotz aller Sterilität, die Fangesänge sind im neuen, viel
engeren Rheinstadion deutlich lauter. Schnell entwickelte sich
ein Duell, gestartet von uns, „Hier regiert der FCN“ und fast
genauso laut und klug sowie phantasiereich gekontert „Hier
regiert Fortuna“. Während des Spiels sind die Fortunen Fans
zwar laut aber ihr Repertoire beschränkt sich fast nur auf
„Fortuna“ bzw. „Hei Fortuna“ und das ist halt zunehmend
nervig.
Im Stadion wird das trinkbare und für uns wahrlich wie
geschaffene Altbier Frankenheim ausgeschenkt, 3,80 Ömmers für
0,5l. Der Genuss dieses Stoffes wird allerdings durch
Frankenheims patriotische Bandenwerbung „mein Herz schlägt für
dich am Rhein… da kannst Du jeden in Deutschland fragen… F95
ist einfach nicht zu schlagen“ doch erheblich gemildert.
Zum Anpfiff ehrte die Düsseldorfer Kurve ihren Lumpi via
Choreo für Insider. Lumpi ist kein Hund, sondern der Spieler
Andreas Lambertz mit den Spruchbändern „4 Ligen… 10 Jahre… 295
Spielen“, großen Doppelhaltern und hoch gehaltenen Lumpischals.
Dachte mir: „S’ gibt nur einen Marek Mintal!“ Dann wurde
angepfiffen.
Es begann eine sehr fahrige Partie. Unser Clubb versuchte
schnell zu spielen, doch meistens blieb es beim Versuch.
Fortuna blieb ohne jegliche Chance. Lumpi machte ein Handspiel,
der Schiedsrichter war im Gedanken beim Altbier, Pfiff nicht
und unser Hanno Balitsch traf unbedrängt zum 1:0. Damit war die
Eigentorbilanz ausgeglichen, bislang verzeichnete Düsseldorf
zwei fremde Geschenk-Treffer, während Juanan, Latka und Lumpi
höchst selbst die bisherige Düsseldorfer Eigentorführung in
dieser Saison erzielten. 3:3 bei den Eigentoren ist also für
den Düsseldorfer Aufsteiger kein schlechter Wert.
Der Clubb, der in Deutschlands Stadt mit den meisten Japanern,
taktisch geschickt keinen Japaner - nicht mal Kiyo - einsetzte,
hatte zwar Chancen, doch diese wurden leichtfertig vergeben
oder durch unterirdisch sicheres Passspiel verschenkt. So ging
es mit 0:1 durch Diego Balitsch in die Pause. In der Pause
teilten sich ein Düsseldorfer und ein Nürnberger ein Pissoir:
„Wenn wir für euch schon die Tore schießen, können wir auch
gemeinsam in ein Becken rein pinkeln“. Fazit: Die
Halbzeitergebnisse aus anderen Stadien waren spannender als die
ersten 45 Minuten.
Fast könnte man schon sagen gewohnt überragend spielten unsere
Helden in der zweiten Halbzeit. Wir suchen noch im Nachhinein
verzweifelt nach dem Grund, was da wohl in der Kabine passiert
ist. Halbzeitansprache durch Wiese, er werde bei schwacher
Leistung alle Mobilnummern der Mannschaft auf Facebook stellen?
Straftrainingsandrohung am Schmausenbuck durch Reutershahn?
Bader mit der Drohung der Vertragsverlängerung für Pino? SMS
von Maly, man werde in der nächsten Saison Quälix verpflichten?
Oder fiel den Spielern siedend heiß ein, dass sie ja am
Saisonende VOR Heckings Wolfsburg sein wollten?
Druckvoll, bissig-aggressiv (geht es für Düsseldorf eigentlich
noch um was?), um jeden Ball kämpfend, schnell, direkt und
trickreich kombinierend wurde eine Chance nach der anderen
herausgespielt. Nach all den Chancen hätte Mendler fast einen
Hattrick erzielt und „Roberdla“ Mak die Clubbtorschützenliste
jetzt mit deutlichem Abstand alleine anführen können. Statt 8:1
traf aber nur der eingewechselte und als Linksaußen relativ
starke Plattenhardt sowie Mak zu einem deutlichen Sieg des
Glubbs. Wann haben wir eigentlich das letzte Mal auswärts drei
Tore erzielt und nach dem 0:1 das Spiel zu einen 2:1
gedreht?
In der sehr starken Elf fiel „Mike the“ Frantz durch eine sehr
kampfstarke Leistung, Roberdla durch viele tolle Dribblings,
die man eigentlich von Esswein erwartet (leider aber nicht
durch mehr Tore) und natürlich unser „Heiner“ Schäfer auf.
Letzterer gewann alle entscheidenden Duelle gegen unseren
Angststürmer, den früheren Födder Reisinger. Genial auch, als
er kurz vor Schluss einen harmlosen Ball sicher fing und mit
Ball zu Boden plumpste. Solche Safties sind im American
Football üblich, in der Bundesliga eher nicht, bringen aber
wertvolle Sekunden. Völlig unnötig, denn den Düsseldorfern
zitterten eh die Knie und ein Tor hätten sie auch in 11 Stunden
nicht erzielt. Ihnen lief einfach die Zeit davon, weil Nürnberg
sich auf sein Bundesliganiveau besonnen hatte. Auch
nennenswert: Dabanli, der durch seine rustikale Spielweise doch
langsam an längst vergessene Spielertypen wie Andy „die Axt“
Wolf erinnerte.
Erstaunlich: Trotz der grandiosen Überlegenheit des Clubbs ab
der 46. Minute geht kaum ein Düsseldorfer früher und nach dem
Schlusspfiff wird die Mannschaft auch nicht ausgepfiffen. Oder
war dies der F95-Fan-Respekt vor der Leistung des Clubbs? Die
Mannschaft ging natürlich artig in die Kurve, bedankte sich
kurz und Heiner gab das Zeichen zum Weg in die Kantine.
Eigentlich zu Recht, wer Heiner in Hoffenheim auspfeift, die
Mannschaft nicht anfeuert, dann daheim nach dem Leverkusenspiel
unser Helden wieder auspfeift, braucht nicht erwarten, dass
alles in Ordnung ist und dass groß mit der Kurve La-Ola-Wellen
angesetzt werden. Etliche Fans haben dies in der dritten
Hhalbzeit anders gesehen und trotz Auswärtssieg steht wohl der
nächste Ärger mit den Fans ins Haus.
Erfreulich die Endergebnisse des Spieltags, Zwischenstände
wurden im Stadion mit Rücksicht auf die Heimmannschaft nicht
vermeldet, Hoppelhausen hat verloren und Färdd kommt endlich
einmal in die Geschichtsbücher. 34 lauthals angekündigte
Bundesligafeiertage und tatsächlich daheim 17 Totensonntage,
der einzige Bundesligaverein ohne jeglichen Heimsieg. Ob man
hier schon von einem Fluch im altehrwürdigen Ronhof sprechen
kann?
In der dritten Halbzeit in der Altstadt gab es leider kein
Freibier. Verdurstet sind wir trotzdem nicht. Im Brauhaus
Schumacher war die Ernährung etwas sonderbar. Ein
Gourmet-Teller entpuppte sich als geröstete Blutwurst, Wienerle
und mehrere Bratwurstsorten auf Kraut mit Kartoffelbrei. Schön
war der Brauhaus Tipp des Folgetags, das wäre was für uns
gewesen, nämlich den Muttertags Lunch im Brauhaus.
Nach mehreren Lokalwechseln kam es zum letzten „Höhepunkt“. Am
Fenster beim Spanier sitzend, konnte laut Pressemeldungen
folgendes live verfolgt werden:
Kurz vor 23 Uhr sollen auf der Bolkerstraße "300 stark
alkoholisierte Problemfans des 1. FC Nürnberg ohne erkennbaren
Anlass gezielt die Auseinandersetzung mit der Polizei" gesucht
haben, heißt es in einer Pressemitteilung der Ordnungshüter.
Gesehen haben wir, dass etliche „Fans“ durch die Straße
rannten, dabei Stühle und Tische umwarfen und einige dieser
Gegenstände und Heizpilze gezielt in Richtung Polizei
schleuderten. Diese, gut ausgerüstet, war aber auch nicht
zimperlich. Was diese sinnlose Aktion in der Düsseldorfer
Altstadt sollte bzw. wie mit so was die wahren Werte des
Fußballs im Kampf gegen die Kommerzialisierung verteidigt
werden sollen, verstehe ich nicht.
Roland Hornauer, Aufhübschung Ewald Funk