CD REZI SOUTHERNROCK: DRIVE-BY TRUCKERS
DRIVE-BY TRUCKERS
THE BIG TO DO
PIAS/ROUGH TRADE
Kommen wir zur Schönheit der Ausgabe. Allerdings zu der für
Musiker und nicht für Gelegenheitskonsumenten und Chartshörige.
Das halbe Dutzend Musiker aus Athens in Georgia hat mit dieser
Platte – welche Mitte März auf den deutschen Markt kommt
– wirklich eine „Grande Complication“ auf Platte
veröffentlicht. Wie eine ausgefeilte Uhr, die nicht nur
Stunden, Minuten und Sekunden anzeigt, sondern auch Mondphasen
in Lima und die Paarungszeit westaustralischer Buschkängurus.
Diese Platte kann viel! Drive-By Truckers könnte man als
Garage-NuCountry-Southernrockband bezeichnen, deren Musik
dreckig und fett produziert ist und die einen sofort fesselt,
sofern man das Gute und Böse in der heutigen Musik auseinander
halten kann. Die Scheibe ist extrem abwechslungsreich und kann
noch viel mehr. Zum Beispiel Ohrkino verursachen. So erscheint
mir beim flüssigen „Birthday Boy“ Tom Petty vor meinen
Lauschern. „This Fucking Job“ hingegen lässt durch sein
markantes Riff den Herrn Springsteen an mir vorbei ziehen. Im
Laufe der restlichen Songs hat man dann Dinner mit Feinerle wie
Lynyrd Skynyrd, Bob Seeger, dem allmächtigen Neil Young,
Calexico oder den guten alten 16 Horsepower, denn die Platte
kann nicht nur sehr viel sondern ist unheimlich vielschichtig.
Mal singt Bassistin Shonna Tucker, mal teilen sich die
Gitarristen und Ur-Mitglieder Mike Cooley und Patterson Hood
den Gesang, ab und zu heult eine Pedal-Steel im Hintergrund
oder es bratzt einen körniger Alternative-Sound aus verzerrten
Verstärkern entgegen … langweilig wird es eigentlich nie. Ich
bin der Band auch dankbar, dass die Scheibe nicht zu lang ist,
denn viele Gruppen meinen halt heutzutage, die volle Kapazität
einer CD ausnützen zu müssen. Da wird dann der ganze Kehricht
aus der Studioecke oder unterm Teppich hervorgekramt und auch
noch aufs Album gepresst. „The Big To-Do“ hingegen hat
keinerlei B-Material oder nervenden Ballast und ausnahmsweise
keine 60 Minuten. Wer also meint, alle Menschen aus Georgia,
Alabama oder Tennessee wären dumbe Hinterwäldler, sollte sich
diese Perle schleunigst zulegen, denn hier paart sich
amerikanischer Südstaatenflair mit cleverer Coolness. Apropos,
wie hieß gleich der eine Gitarrist mit Nachnamen?
Ewald Funk
8 von 9 Punkten