CD REZI HIPHOP: CYPRESS HILL
CYPRESS HILL
RISE UP
PRIORITY / EMI
Einmal im Jahr ist Zeit für Hip Hop. Da höre ich mir dann was
Neues von Cypress Hill an, sofern was raus kommt. Die drei
Rapper aus Los Angeles verkörpern nämlich nicht erst seit dem
Album „Skull & Bones“ (2000) die Annäherung von Hip Hop und
Metal, sondern hatten schon vorher stilistisch zu den Rockjungs
hinüber geschielt. Und diese Einstellung gefällt mir. Was mir
noch viel mehr gefällt ist ihr Humor, und der ist selten in
diesem Genre, schließlich sind Cypress Hill außerdem die Nr. 1
Kifferkombo vor dem Herrn. Man muss nicht selber so ein Zeug
rauchen, um über deren Cheech & Chong-Humor schmunzeln zu
können. Deswegen gingen sie diesmal einen Schritt weiter und
haben kleine Hörspiele an drei Songs vorangestellt, an denen
ich mich nicht satt hören kann, weil ich ja als Bleichgesicht
besser keine Witze über maximalpigmentierte Menschen machen
sollte. B-Real, Sen Dog und Produzent DJ Muggs tun das aber und
offenbaren einen ähnlichen Humor wie in ihren berühmt
schmissigen Songrefrains zum mitgrölen. Situation 1: Am Anfang
von „Unlimited“ ruft ein offensichtlich bekiffter Farbiger beim
Asiafood-Homeservice an und gibt eine Bestellung durch, sein
Kollege im Hintergrund kriegt seine Bestellung nicht auf die
Reihe, weil er das neue Cypress Hill Album hört, der Mann vom
Asiafood-Homeservice kriegt derweil die Krise, weil er nicht
mehr zu Wort kommt. Situation 2: Am Anfang von „Bang Bang“
unterhalten sich zwei kiffende Homies, wie gut der Spliff
gerade durchzieht und der eine lobt auch Cypress Hill Musik.
Sein Kollege meint aber lapidar, die würden doch total saugen
und dann fallen Schüsse. Wer da wen abgeknallt hat, bleibt
offen. Dazu gibt es auch Musik. Schöne Oldschool-Titel, und
auch massig Crossover Zeug mit noch mehr Gaststars. „Armada
Latina“ mit Marc Anthony ist z.B. purer Latinoschmalz, Gott sei
dank ohne Shakira. Der Titelsong wurde von RATM-Gitarrengott
Tom Morello produziert und auf der Gitarre begleitet und hat
einen derart lässigen Groove, dass er seine Hauptband damit
eigentlich sogar noch schlägt. Der zweite Song mit Morello ist
„Shut Em Down“ und so was von Rage Against The Machine wie
nichts Gutes. Nur mit besseren Raps. „Take My Pain“ ist eine
Zusammenarbeit mit der Legende von House Of Pain, Herrn
Everlast. „Carry Me Away“ ist Melancholie pur, weil hier Mike
Shinoda von Linkin Park seine Finger im Spiel hatte. In „Pass
The Dutch“ wird mit Evidence der alte Refrain von „Pass The
Dutchie“ (Gib weiter den Holländer) von Musical Youth (1982) zu
dem gemacht, was damals gemeint wurde. Den Joint im Delirium
immer links herum weiter geben. Was fehlt noch? Der wohl beste
Track ist eine Kollaboration mit Daron Malakian, dem
Gitarristen von System Of A Down, ein unschlagbar harter
Groover mit orientalischem Einschlag. Ich bin begeistert und
küre diese Platte zu einer der drei besten Scheiben für dieses
Halbjahr, egal was da noch kommt!
Ewald Funk
8 von 9 Punkten
In den Neunzigern waren Cypress Hill eine Riesennummer. Mit
ihrem Kiff Hop waren die Rapper aus L.A. Stammgast in jeder
Studenten-WG. Cannabis-Hymnen wie „Insane In The Brain“ oder „I
Wanna Get High“ machten DJ Muggs, B-Real und Sen Dog
weltberühmt und sorgten dafür, dass sie 18 Millionen Alben
weltweit verkauften. Seit dem fünften Studioalbum „Skull &
Bones“ vor zehn Jahren war die Luft aber raus. Danach machte
das Trio hauptsächlich mit Gastauftritten oder dem Soul
Assassins-Projekt von sich reden. Mit „Rise Up“ wollen die
Kalifornier den Erfolg der Neunziger zurückholen. Der Sound ist
deutlich gitarrenlastiger als auf den letzten beiden Alben und
geht glatt als Crossover durch. Kein Wunder: Auf der Gästeliste
stehen Tom Morello (Rage Against The Machine), Daron Malakian
(System Of A Down), Mike Shinoda (Linkin Park) oder Everlast
(House Of Pain). Ein bisschen altbacken, aber nicht
schlecht!
Wolfram Hanke
6 von 9 Punkten