RETROPOP
GEMMA RAY
THE EXODUS SUITE
BRONZE RAT / SOULFOOD
Regentag-Retropop für die Szenebar
Berlin Mitte. Es regnet draußen. In der Szenebar sind heute
die Latte Macchiato-Mütter mit ihrer Brut zuhause geblieben und
vereinzelt sitzen Pärchen und ein paar Großstadtpoeten an ihren
Heißgetränken und verblähen den Nachmittag. Die neue Gemma Ray
wurde ein paar Kilometer weiter von der aus Essex stammenden
Retro-Pop-Artistin auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof
aufgenommen, und passt wie Arsch auf Eimer in diese Location.
Die Zutatenliste für die Dame und ihre drei Mitmusikern war
einfach: Gitarre mit Effekten, Bass, Orgel, etwas verhalten
polterndes Schlagzeug und ihre als fesselndes Moment völlig
ausreichendes Stimmchen – diesmal live eingesungen - mit diesem
leichten Flair von Unschuld. Immer wenn die Gitarre auf
Tarantino/Spaghettiwestern getunt wurde, kommt etwas Verruchtes
dazu. Ich danke der Dame immer noch, dass sie nicht eine dieser
Singer-Songwriter-Heulsusen nur mit Akustikgitarre geworden
ist, sondern immer etwas Experimentierfreude in ihre
Arrangements gebracht hat hat. Kein Album für die Hitparaden,
sondern eher ziemlich coole Begleitmusik. Vielfältig
kompatibel: Für kreative Stunden, um Melancholie zu pflegen,
tristes Wetter noch intensiver zu erleben oder um einem
beseelten Gespräch das i-Tüpfelchen zu verleihen. Vertonte
Langeweile kann eben auch befruchten!
6 von 10 Punkten
Ewald Funk
