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BILLY IDOL IN AUF BURG ABENBERG: POP-PUNK-REVUE

Im Rahmen der größten zusammenhängenden Festivalserie Frankens auf Burg Abenberg, bei der an mehreren Tagen u.a. Konstantin Wecker, Roger Cicero In Extremo und Subway To Sally auftreten, gastierte am Mittwoch den 16.6. Billy Idol mit seinem alten Weggefährten Steve Stevens an der Gitarre auf der Burg bei Schwabach. .rcn präsentierte zusammen mit Gong, wir waren vor Ort.
BILLY IDOL IN AUF BURG ABENBERG: POP-PUNK-REVUE
Ähnlich faltig wie mittlerweile David Bowie:
Billy Idol in Abenberg.
Foto: Hertlein (Abendzeitung)
Natürlich war jeder neugierig, wie Billy Idol mit 54 Jahren als einstiges Jugendidol aller Mittvierziger heute aussehen würde und vor allem wieviel Punk noch in einem Musiker steckt, der mit Generation X zwar in der ersten Garde der englischen Punkrebellion Ende der 70er an vorderster Front mitmischte, dann aber unter Mithilfe von Steve Stevens und dem Knalleralbum "Rebel Yell" im amerikanischen Exil die Brücke zwischen Pop und Punk schlug. Punk nicht mehr viel, aber eine perfekte Pop-Punk-Revue mit hohem Unterhaltungsfaktor statt Gesellschaftsprotest. Höhepunkte: "Rebell Yell" und als Zugabe "White Wedding" mit geilem Intro in Akustik und dann mit fettem Riff.

Es kommt immer auf die Erwartungshaltung an, denn wer den platinblonden Punk-Posterboy aus den MTV-Videos seines Karrierehöhepunktes kennt, wird erschrocken sein über die Falten in seinem Gesicht und die Stimme, die nicht immer jede Note trifft. Optisch ähnelt er ein wenig David Bowie, der mittlerweile ja endlich auch sein Alter lieber offen zeigt als zu kaschieren. Zurück zum Thema Erwartung: Wer aber die DVD "In Super Overdrive" (2009) kennt und außerdem weiß, durch welche Drogenhölle der Wahlamerikaner ging inklusive schweren Motorradunfall, ist vorbereitet und freut sich gerade deswegen über einen sehr vitalen Frührentner, der halt jetzt Classic Rock zelebriert. Lieber einen schlanken Billy als ein vollfettes Abwrackmodell Whitney wie neulich in Nürnbergs Arena... Wer in Abenberg weit genug von der Bühne weg stand wurde beeindruckt, denn Idol kann noch alle Posen früherer Zeiten locker aus der Hüfte abrufen und steht auch figürlich um 200 % besser da, als sein überwiegend aus Babyboomern bestehendes Publikum. Absolut in der Unterzahl waren eine Handvoll junge Punks, die natürlich auch The Damned mit den beiden Ikonen Captain Sensible und Dave Vanian sehen wollten. Unterm Strich aber war deren Vorstellung eine Enttäuschung, denn die Ur-Punks hatten mangels wirklich guten eigenen Songmaterials sogar "Eloyse" von Barry Ryan bemühen müssen, um etwas Stimmung aufkommen zu lassen. Highlight aber waren deren bissige Zwischenansagen, in denen sie die Lacher zumindest beim englischkundigen Teil des Publikums auf ihrer Seite hatten.

Der Auftritt von Idol hatte nach starken Anfang und einem Wechselspiel von jeweils Hit und einem unbekannteren Song vor allem in der Mitte so seine Längen. Vor allem, als er ein paar alte Generation-X-Songs zum besten gab und dabei natürlich die Texte von einem Notenständer mit Lose-Blätter-Chaos abspickte. Ob dies nun ironische Show oder akut demenzbedingt war, lassen wir offen. Fazit: Generation-X Songs von einer mit Classic-Rock-Musikern besetzten Begleitband gehen gar nicht und waren zudem schon damals konfus: Melodie und Musik passten nicht immer glücklich zueinander. Manko war natürlich außerdem das gewohnt schlaffe fränkische Publikum, kein schöner Empfang für Idol bei seinen ganz wenigen Gigs in Schland. Doch es gab den Ritter an der Gitarre, der alles rettete: Steve Stevens. Auch wenn der gebürtige Ami seine Rente u.a. durch Songs für den Patriotenschinken "Top Gun" bereits auf dem Konto hat, das Bratgitarrenriff bei "Rebell Yell" ist unerreicht und sein Können und die Show dazu waren Rückgrad und Höhepunkt des Auftritts zugleich. Der Mann ist ein Virtuose auf seinem Instrument und beherrscht von Flamenco über klassische Gitarre bis zum Metal alle Stilistiken perfekt. Schade eigentlich, denn Punk lebt eigentlich nur von drei Griffen. Stevens multiplizierte das und sein Soundmischer machte einen verdammt guten Job. Außerdem hat er einen guten Imageberater, denn Outfit, Posen und vor allem die Frisur saßen perfekt.

Fazit: Punktabzug fürs fränkische Publikum, wenn Schland vorher gewonnen hätte, Freibier und Ausschlafen am nächsten Tag gesichert wären, ein Kartenpreis unter 40 EUR zusammen mit dem Treffen alter Freunde auf dem Festival zusammen gekommen wären, hätte Idol sicher eine tolle Stimmung in Erinnerung mit nach Hause genommen. Trotzdem war es die verdammt beste Show mit dem verdammt besten Gitarristen und einem verdammt perfekt abgemischten Sound und ausreichend druckvoller Lautstärke in diesem Jahr für mich. Dazu ein gut gelaunter Billy Idol, der gekonnt seine Rolle spielte und zusammen mit seinem Kaiser Stevens so einer alten Schabracke wie mir mal wieder ein paar schöne Glücksmomente bereitet hat! Und ich habe bei RIP so einiges gesehen! OK, Volbeat waren besser... :-)

Ewald Funk