Standarts: Grüppchenbildung mit Anfassen.
Nach langen Wochen, über ein viertel Jahr, endlich mal
wieder eine Auswärtsfahrt für mich. Wetter-bedingt. Erst vor
zwei Tagen stand der Verkehr flächen-deckend still in Franken,
so ging es dieses Mal mit dem Fanbus nach Sinsheim. Etwas
gewöhnungsbedürftig, wenn der "Sitz"nachbar ein echter
Stehplätzler ist und die komplette Hin- und Rückfahrt stehend
mit einer Flasche Wässerchen und über seine Beziehungsprobleme
("ich brauch eine Frau die zum Fußball geht, sonst habe ich mit
der daheim nichts zum Reden") lamentierend verbrachte. Leider,
angesichts des interessanten Themas war schnell der neue
Fußballtempel der Hoffenheimer Traditionsmannschaft
erreicht.
1899 Hoffenheim ist vermutlich die einzige
Traditionsmannschaft der Welt wo ich alle Pflichtspiele dieser
Elf mit unseren ruhmreichen Clubb live verfolgen konnte. Vor
dem Stadion verdrückte ich noch eine seltsame Wurst, sah von
außen aus wie ein Wienerle, innen eher wie eine Debreciner und
schmeckte geräuchert leicht scharf und gleich ging es rein in
die Arena. Das Vorprogramm: Gewöhnungsbedürftig. Ein
scheußliches Musikprogramm-. Wie zur Verhöhnung Campinos wurde
ein Song als das Lied von "Die Chefs", den Toten Hosen
Hoffenheims, angekündigt. Die Heimfans, alle fast einheitlich
mit neuen Fanklamotten ausgestattet, Schals und Ähnliches
wurden wohl erst vor 3 Jahren in dieser Gegend erfunden, waren
kaum zu hören. Dies blieb auch während des Spiels so. So ein
schönes Stadion und so eine Friedhofsathmosphäre! Zum Glück gab
es die Glubb-Fans die für eine Geräuschkulisse sorgten.
Bei der Hoffenheimer-Version "Die Legend lebt" werden die
Schals wohl geschüttelt oder gerührt statt hochgehalten?
Zum Spiel: Unsere Helden waren in der ersten Halbzeit ziemlich
neben der Spur. Kaum wurde der Ball erorbert, gab es einen
Fehlpass oder ein Zweikampf ging an der Mittellinie verloren.
Um den Titel Fehlpasskönig bewarben sich insbesondere Simons,
Gündogan, Frantz und natürlich wie gewohnt unser Andi.
Hoffenheim versuchte nach der Ballerorberung schnell nach vorne
zu spielen und wurde meistens im letzten Moment am und im
Strafraum häufig durch Zufall oder Glück gestoppt. Weil der
Angriffsschwerpunkt links lag, war unser kleiner Juri mehr als
ausgelastet. Zusätzlich musste er nach einer Ecke die dickste
Chance einen relativ flachen Ball natürlich per Kopfball von
der Torlinie klären. Gut wenn man nicht zu groß ist bzw. ein
anderer Spieler hätte sich die bunten Fußballtreter dabei wohl
schmutzig gemacht. Hoffenheim war zwar gefährlich, aber so
richtig zwingende Chancen spielten sie nicht heraus. Da wollten
wir doch den ruhigen Nachmittag des Hoffenheimer Torwarts nicht
stören, nur Maroh schoss in der 41. Minute nach einer Ecke
einigermaßen gefährlich nach, so dass Haas klären musste. So
ging es Null zu Null in die Halbzeit. In der zweiten Hälfte war
zu merken, dass Hecking ein schnelleres und passsicheres Spiel
verordnet hatte, allerdings hatte er vergessen anzuweisen
Torwart Haas zu beschäftigen. Die Kraichgauer blieben
überlegen, auch spielerisch und so kam es wie es sich bei den
vielen Standards in der ersten Halbzeit andeutet. In der 56.
Minute kam ein Eckball auf Compper gesegelt und er köpfte ihn
wenig gestört ein. Andi Wolf hat wieder einmal ein kurzes
Päusschen eingelegt. Anschließend bemühten sich unsere
verstärkt und sichtbar nach vorne zu kommen, allerdings ideen-
und damit chancenlos. Lediglich Hegeler wurde bei einen
Drehschuss im letzten Moment geblockt. Die Hoppjünger vergaben
zum Glück die Konterchancen kläglich bzw. einmal rettete unser
Raphael großartig und lenkte einen Schlenzer von Salihovic in
der 81. Minute in klasse Manier gerade noch über die Latte. Als
Hoffenheim sich vorbereitete, durch letzte EinWechslungen die
Uhr verstreichen zu lassen, geschah das Unerwartete. In der 87.
Minute hatte plötzlich Ekici vor dem Hoffenheimer Strafraum
Platz und einen Geistesblitz, indem er unserem "Joker" Eigler
maßgenau steil in den Strafraum schickte, der dann aus
zentraler Position clever und sofort an Haas vorbei einschoss.
Trotz des sofort laut skandierten "AuSwärtssieg, Auswärtssieg"
aus der Kurve schaffte unser Clubb keinen Treffer mehr, sondern
musste mit einen sehr glücklich erkämpften Punkt die Heimreise
antreten. Leider war der Fan-Bus schneller am
Valznerweiher (2:15 Std.), als mich der ÖPNV dann von dort nach
ER-West (3 Std.) brachte. So ist es halt mit der
Globalisierung. Roland Hornauer
STIMMEN ZUM SPIEL
Torschütze Christian Eigler: "Viele werden
jetzt wohl sagen: Ausgerechnet der Eigler" ... "Die
Unterstützung war überragend. Die Fans standen wie eine Wand
hinter uns, waren viel lauter als die Hoffenheimer."
Glubbtrainer Dieter Hecking: "Der Christian
hat das Tor verdient. Er reißt sich immer den Arsch für uns
auf."
Glubbtrainer Dieter Hecking "Die Art und
Weise des Punktgewinns war alles andere als
zufriedenstellend"
AZ Forum: "Ausgerechnet Eigler" lautet die
wohl abschätzig gemeinte Überschrift! Aber diese müßte
eigentlich heißen: "Wer sonst als Eigler!"
Hoppenhausen-Verteidiger Andreas Beck, dessen
Probleme wir gerne hätten: "Wir sind einfach nicht gierig
genug, Tore zu schießen."
Hoppenhausen-Verteidiger Marvin Compper (hat
das selbe Problem wie der "Glubb-is-a-Depp"): "Wieso gelingt es
uns nicht, den Deckel drauf zu machen? Das passiert uns viel zu
oft."
Der verletzte Ex-Hoppenhausener Pelle Nilsson
zum Unterschied befragt: "Hier herrscht einfach ein ganz
anderes Interesse am Verein. Egal, ob beim Spiel, beim Training
oder in der Stadt. Das ist hier eine richtige Fußball-Kultur.
Ich habe hier in den vergangenen paar Monaten schon viel mehr
Autogramme schreiben dürfen als in meinen gesamten drei Jahren
in Hoffenheim."