.rcn - event & music – Seit 34 Jahren gratis! Wir rocken Franken!

Die Infos zur neuen Datenschutzverordnung lest Ihr ganz unten auf der Seite oder über diesen Direktlink:
Hinweise zum Datenschutz auf www.rcnmagazin.de

NEUIGKEITEN/AKTUELLES EINZELANSICHT

BUCHREZI: HERMANN BRÄUER - HAARWEG ZUR HÖLLE

Großartig, endlich wird der lustigste Musik-Ganzjahreskarneval der frühen Achtziger beim Namen genannt! Kaum eine musikalische Stilrichtung wird heutzutage dermaßen totgeschwiegen wie der gute alte Poserrock, der hier im Buch unter dem international gültigen Terminus „Hair Metal“ rangiert.
BUCHREZI: HERMANN BRÄUER - HAARWEG ZUR HÖLLE

Haarweg zur Hölle

Hermann Bräuer

Ullstein, ISBN-13: 978-3548372617

 

Großartig, endlich wird der lustigste Musik-Ganzjahreskarneval der frühen Achtziger beim Namen genannt! Kaum eine musikalische Stilrichtung wird heutzutage dermaßen totgeschwiegen wie der gute alte Poserrock, der hier im Buch unter dem international gültigen Terminus „Hair Metal“ rangiert. Viele haben damals mitgemacht, aber keiner gibt es heute freiwillig zu. In kaum einer deutschen Großstadt hat der Poserrock so gut funktioniert wie in München tief in den Achtzigern. Hier fiel Musik und Lebenseinstellung von Bands wie Poison, Warrant oder Stryper auf fruchtbaren Boden und gedieh hervorragend in einem zeigefreudigen Milieu zwischen Schickeria, Profiblendern, bodenständigem Umland und Türsteherclubs. Ich erinnere mich noch mit ironischen Grausen an Großkonzerte in „Munich Rock City“ von Bon Jovi oder Aerosmith, wo im Publikum die männliche Fraktion im Vorfeld mehr Haarspray und Schminke verballert hatte, als die gesamte Reeperbahn im Monat braucht. Der nun in Berlin lebende Autor Hermann Bräuer ist an der Isar aufgewachsen und spielte sogar mal zusammen mit Hans Ziller von Bonfire bei dessen Zwischendurch-Band Ez Livin, weiß also von was er erzählt in dieser „Halbbiografie“. Keine Frage: Ganz großes Kino! Der Autor beschreibt einfühlsam und ohne langatmige Details, warum die bayerische Landeshauptstadt damals gerne Little - L.A. gewesen wäre, und wie männliche Jugendliche auf ihrem Weg zur Geschlechtsreife in der Orientierungsphase sogar Spandexhosen und Schminke trugen. Viele Musiker werden sicher all die kleinen Stolpersteine auf dem Weg zu einer erfolgreichen Band im Buch wieder finden, inklusive aller Klischees über Konkurrenzkombos, Rollenverhalten und der damals noch gesunden Musikindustrie. Clubnamen, Labels und Fachwissen werden gekonnt in eine flauschige Story verwoben, einfach Comedy zum Lesen, die sich gar nicht die Mühe macht altklug anzuprangern, sondern den Kreuzweg dieser Szene durch irren Sprachwitz bis zum finalen Scheitern durch die Grungeszene begleitet. Macht Spaß, trotz des kreativen Hängers in der Mitte. Am besten am Wochenende beginnen, denn man liest dieses Buch als Zeitzeuge eh in einem Rutsch und wird zudem köstlich dabei unterhalten.

Ewald Funk
6 von 9 Punkten