.rcn - event & music – Seit 34 Jahren gratis! Wir rocken Franken!

Die Infos zur neuen Datenschutzverordnung lest Ihr ganz unten auf der Seite oder über diesen Direktlink:
Hinweise zum Datenschutz auf www.rcnmagazin.de

NEUIGKEITEN/AKTUELLES EINZELANSICHT

SO WAR: BASKERY, 11.1.12, E-WERK ERLANGEN

"Nice boys don't play rock and roll" sangen einst Rose Tattoo. Sie haben damals nichts davon gesagt, ob das auch auf Frauen zutrifft. Die drei Schwedinnen von Baskery sind zwar keine Hardrockband im klassischen Sinne, sehen aber gut dabei aus, wenn sie auf der Bühne ihren Banjo-Punk zelebrieren. .rcn präsentierte die Band im Erlanger E-Werk.
SO WAR: BASKERY, 11.1.12, E-WERK ERLANGEN
Foto: Matteo Salasnich

BASKERY, 11.1.12, E-WERK ERLANGEN
 

Die Fotogalerie dazu findet Ihr auf .rcn-FACEBOOK

Mittwochabend in Erlangen, die Stadt ist wie leer gefegt am Jahresanfang und viele Bewohner zelebrieren Extrem-Couching zuhause, um die Feiertage zu verdauen. Trotzdem finden sich ca. 100 musikalische Feinschmecker, altersmäßig zwischen 20-jährigem Indiemädel und dem typischen Mittvierziger mit Rolling Stone-Abo, zum Baskery Gig in der Clubbühne des E-Werk in Erlangen ein.

Zunächst aber spielten Elektrik Kezy Mezy, die für die ersten Tage der Baskery Tour anstatt von Les Jupes aus Kanada einsprangen. Das Münchener Duo wird natürlich gerne mit den White Stripes verglichen, kommt aber eine Spur dreckiger daher, und bieten neben Garage, 60er Melodien und etwas Soul vor allem unruhige, kratzig-rockende Melodielinien. Fernab vom Pop.

Den haben Baskery besser drauf. Kritiker graben gemeinhin tief in der Kiste für ganz spezielle Genrebezeichnungen und Doppelnamen, mit denen man die Musik der Bondesson-Schwestern beschreiben könnte: Mud-Country, Oldtime-Folk, Banjo-Punk, Blues-Americana, Blues-Rockabilly, Swamp-Punk, Horse-Jazz... egal. Hauptsache was unterm Strich dabei heraus kommt, zählt, ein bißchen was von allem. Außer Deathmetal, Hiphop und Electro findet sich im Sound der Schwestern, die früher deutlich Rockabilly-lastiger noch zusammen mit ihrem Vater als The Slaptones unter anderem mit Brian Setzer unterwegs waren, eigentlich alles.

Ihre Stärke? Ihr Abschiedssong am Ende des Abends zeigt deutlich das enorme stimmliche Potential der Schwestern (in Altersreihenfolge) Greta, Stella und Sunniva: Eine Art A-capella-Volkslied in Schwedisch, bei dem der Windsbacher Knabenchor blaß werden würde, mit welcher Präzision das Trio dies ohne jegliche instrumentale Begleitung vorträgt. Ganz groß sind sie auch, wenn auf der Bühne der Schluß ihrer Stücke in enorm groovende Sessions ausgewalzt wird und sich die Band in großen Posen genüßlich übt. Es ist nicht der eine Hitsong, der ihren Auftritt ausmacht, sondern die gut abgestimmte Spielfreude mit breitem Spektrum und viel Rhythmus. Solos werden kaum gespielt, lieber gemeinschaftlich gebrettert. Kaum eine Band wandert derart lässig zwischen Country, Blues, Popballaden, Liebesliedern und Oldschool-Rock und klingt dabei wie eine vielzitierte Mischung aus den Dixie Chicks und den Bangles. Und das ist ein ziemliches Kompliment!

Seit Dezember war das erst ihr zweiter Auftritt der laufenden Deutschlandtour, tags zuvor spielte man in der Brotfabrik in Frankfurt und von der Mainmetropole blieb bei den Mädels in erster Linie "jede Menge Hundescheisse" in Erinnerung und an den Schuhsohlen hängen. Franken dürfte den Mädels besser in Erinnerung bleiben. In Erlangen war eigentlich gute Stimmung, was beim meist lässig-lethargischen fränkischen Publikum keine Selbstverständlichkeit darstellt. Wenn es überhaupt etwas zu beanstanden gäbe, dann vielleicht die langen Pausen zwischen den Songs, welche die Mädels technisch bedingt nicht immer mit Anekdoten zu füllen vermochten. Sunniva verfluchte dann auch den Moment, als sie sich vor der Tour luxuriös "drei verschiedene Gitarren für die Tour gegönnt" hatte und stand etwas ratlos wie ein Mädel vor dem Ausgehen in typischer "was ziehe ich bloß an heute Abend"-Pose vor der selbstverschuldeten Gitarrenauswahl. Die jüngste der Schwestern spricht übrigens hervorragend Deutsch, schließlich lebt sie als einzige der drei in Berlin statt Stockholm. Und hatte als fränkisch-patriotische Hommage an den Glubb sogar rot-schwarz gestreifte Leggings angezogen. Greta am Banjo, Standschlagzeug, Harp und Gitarre hat in Schule als dritte Sprache Französisch gewählt und konnte deshalb nur in Englisch kommentieren, während sich Stella mit Sunniva multilingual im Ansagen ablösten.

Gebracht wurden neben Songs der Vorgängerscheibe und der ersten EP vieles vom neuen Album. Ich kenne alle drei, wobei sich einige schöne Melodien der aktuellen Platte "New Friends" im Langzeittest am tiefsten ins Gedächtnis gegraben haben. Die Scheibe braucht einige Durchläufe, hält aber lange an. Vielleicht ist Dark-Pop der gemeinsame Nenner ihres neuen Stils, der sich etwas weg vom Country entwickelt hat. Die vielzitierten Vergleiche mit Katzenjammer greifen eher weniger, und wenn, dann vor allem wegen ihres schönen Harmoniegesangs.

Früh gegangen ist auf jeden Fall keiner, die zweite Hälfte des Konzerts überzeugte mehr und mit etwas komprimierter Songfolge ohne lange Pausen sollten Baskery so ziemlich auf jedem musikalisch anspruchsvollen Sommerfestival dieses Jahr ihre Duftmarken setzen können. Kompatibel für fast jedes Publikum!

Ewald Funk