.rcn: Zuerst die Standartfragen...
Olifr: Wo ordnet ihr euch selber ein?
.rcn: (grinst) Genau. Nächste Frage: Gibt es
einen besonderen Grund dafür dass ihr euch "Aeronauten" genannt
habt?
Olifr: Ich bastle Plastikflieger, nur Modelle
vor 1916.
.rcn: Die erste Platte die du dir in deiner Jugend
gekauft hast:
Olifr: Please Please Me von den Beatles
.rcn: Das sentimentalste Musikstück in deinem
Plattenschrank:
Olifr: Mother of Earth von Gunclub (Anmerkung
.rcn: amerikanische Blues/Postpunk-Band)
.rcn: Deine Lieblingsplatte zum
Chillen:
Olifr: Aurevior Simone von den New York Female
Casios
.rcn: Was fällt dir ein zu Hamburger Schule?
Olifr: Nicht viel. Ein Haufen netter Leute, wir
kennen die natürlich alle. Aber als Stil gibt es mir nicht
viel. Ich hör das höchstens zu Studienzwecken an. Das ist
oft... mit dem Text wo hingehen und kurz bevor man da ist
wieder weggehen - ein bisschen langweilig. Privat hör ich oft
ganz andere Musik.
.rcn: Was?
Olifr: Alte Blues- und Jazzsachen...
.rcn: Ihr habt jetzt aber auch Hardcore
dabei, wenn ich an Strides "Schatten" denke...
Olifr: Stumpfpunk aber, nicht Hardcore. Ja, weil das
das ist, was ich als Jugendlicher immer sehr gern gehört hab.
Auf den Begriff Stumpfpunk leg ich wert. Weil ich der Meinung
bin, dass Punk eigentlich eine regionale Musik ist. Das ganze
Hardcore-Zeug aus Amerika hat meiner Meinung nach die Punkszene
vergiftet.
.rcn: Wenn wir gerade bei deiner Jugendzeit
sind - wo bist du aufgewachsen beziehungsweise geboren, du
sprichst und singst akzentfrei Hochdeutsch...
Olifr: Geboren bin ich in Mühlheim an der Ruhr, mit 4
bin ich an den Bodensee gezogen, und heute wohn ich in
Schaffhausen.
.rcn: Ihr kriegt regelmäßig von Kulturstiftungen
Fördergelder - ist das in der Schweiz üblicher als in
Deutschland? Und wie kommt man an sowas ran?
Olifr: Ja, viel üblicher! Ich kenne keine Schweizer
Band, die sowas nicht beantragt. Du musst ein eigenes Profil
haben, Eigenständigkeit. Als Rolling-Stones-Cover könntest du
nichts kriegen. Eine Kommission entscheidet dann ob das erfüllt
und die Band damit förderungswürdig ist.
.rcn: Ist das Geld so viel, dass es einem
wirklich weiterhilft?
Olifr: Auf jeden Fall. Geld bekommt man nur
für die Touren. Aber die Meisten könnten ohne dieses Geld in
der Gesamtbilanz auch ihre Aufnahmen im Tonstudio nicht
finanzieren. Andererseits finde ich das Ganze eine
zweischneidige Sache. Manchmal hab ich das Gefühl, mancher
würde gescheitere Musik machen ohne Förderung. Für etwas das
völlig am Publikum vorbei geht 10 000 Franken hinschmeißen, da
blutet mir das Herz. Es ist ja Pop-Musik und Pop müsste sich
eigentlich selbst tragen.
.rcn: Aber tut es ja nicht...
Olifr: Die Aeronauten würden wir auch ohne
Förderung machen. Das würde sich durch den emotionalen Erfolg
tragen, den Spaß. Auch den Spaß den die Leute haben. Manchmal
kommen Rückmeldungen, dass jemandem ein Stück besonders viel
bedeutet - das allein ist es schon wert. Ohne Rückmeldung
machst du das nicht allzu lang.
.rcn: Ich nehm an du bist bei euch für
die Texte zuständig...
Olifr: (nickt)
.rcn: Wolltest du schon mal Schriftsteller
werden? Wann erscheint dein erster Gedichtband in
Buchform?
Olifr: Mit Gedichten hab ich weiter nix am
Hut. Ich hab schon ein paar Sachen geschrieben, Beiträge in
Zeitschriften. Das sind Geschichten aus meinem Leben vor den
Aeronauten. Aber ob das irgendwann mal die Form als gebundenes
Buch bekommt, keine Ahnung.
.rcn: Was hast du damals gemacht?
Olifr: Ich war Schildermaler. Das liegt mindestens 20
Jahre zurück. Jetzt bin ich je zur Hälfte Musiker und
Schauspieler bei einem Kinder-Theater, also Erwachsene
machen Theater für Kinder. Mit dem Theater kommen wir weit rum,
bis in die USA, nach Österreich und Russland. Terminlich ist
das manchmal schwierig, mit GUZ, das ist mein Soloprojekt seit
1984, sind das drei Jobs die ich organisieren muss.
.rcn: Welches Buch liest du gerade?
Olifr: "Die Söhne Abrahams" von Robert
Littel, ein Thriller, der in einer heutigen, fiktiven Realität
in Israel spielt. Normal lese ich Sachbücher über Politik,
unterwegs dann eher Romane.
.rcn: Wem würdest du gern mal einen Orden verleihen
und wofür?
Olifr: Knarf Rellöm, für hartnäckige
Schrulligkeit.
.rcn: Was würdest du in deinem Leben im
Nachhinein anders machen?
Olifr: Buchhalterisch würde ich mich ein bisschen
mehr weiterbilden.
.rcn: Ihr spielt seit mindestens 10 Jahren in
der gleichen Besetzung - ihr harmoniert ziemlich gut?
Olifr: Da sind die Leute zusammen, mit denen
man drei Wochen in einem Bus leben kann. Es sind vielleicht
nicht die besten Musiker auf der Welt, aber die besten Typen.
Wir sind keine Funpunk-Band in dem Sinn, wir haben schon was zu
sagen. Aber der Spaß gehört dazu.
.rcn: Apropos Spaß: Wie ernst darf man
überhaupt das Leben nehmen? In euren Texten ist viel
Selbstironie. Ist Ironie DIE Form, diese Welt überhaupt zu
ertragen?
Olifr: Ironisch vom Inhalt her finde ich
unsre Texte nicht. Direktheit ist mir wichtig. Ich will mich
nicht hinter Ironie verstecken
.rcn: Ironisch ist doch "Hahaha"
mit Zeilen wie "Ich lachte als unsere Welt für immer
unterging", das sagt das Gegenteil von dem was gemeint ist,
aber so, dass jeder weiß was gemeint ist...
Olifr: Für den der das singt ist es überhaupt
nicht zum Lachen aber er singt "hahaha", in diesem Sinn
ironisch. Aber nicht so , dass man etwas ansteuert und wenn man
fast dran ist, es mit einem Witz zurücknimmt.
.rcn: Darf Geistreiches einfach sein?
Olifr: Na sicher. MUSS sogar.
.rcn: Darf Punk poetisch sein?
Olifr: Ja - eh! Klar.
.rcn: Wer ist eure Zielgruppe, wenn ihr eine
habt?
Olifr: Wenn wir eine hätten, was sollten wir damit
machen? Nee. Wir machen einfach das was wir machen, natürlich
kommen dann bestimmte Leute zu unsren Konzerten.
.rcn: Heute in Nürnberg, war das typisches
Aeronauten-Publikum?
Olifr: Ja. Ein bisschen jünger ist es normalerweise.
Und fürs erste Konzert einer Tour war das ganz gut.
.rcn: Es hat sich was geändert an eurem
Produzenten beziehungsweise Label...
Olifr: Wir produzieren uns selber. Bei Tom Produkt in Hamburg
als Label sind wir nicht mehr, weil das untergegangen ist, die
gibt es nicht mehr.
.rcn: Du gibst eine private Party. Welche drei Bands
treten auf?
Olifr: "Der böse Bub Eugen", aus
Schaffhausen (Anmerkung .rcn: nicht mehr existente Band mit
Punkwurzeln), und zwar mit einem 1984er Konzert, wo ich völlig
hingerissen war.
"Hass", aus dem Ruhrgebiet (Anmerkung .rcn: Deutschpunkband
mit antifaschistischem Anspruch, die sich 2001 aufgelöst hat)
mit einem Konzert vom Anfang der 1990er
Der Top-Act wäre "King Pepe", kennst du auch nicht, aus Bern
(Anmerkung .rcn: singt Schwizerdütsch), und zwar mit einer
optimalen Band, die sich zu diesem Anlass erst zusammenfinden
müsste.
.rcn: Wer ist oder war Marvin, so heißt das
entrückte Instrumental am Ende von "Hallo
Leidenschaft!"?
Olifr: Der traurige Roboter aus "Per Anhalter
durch die Galaxis"
Marion Wieck