WILLIAM FITZSIMMONS, 02.07.2011, NÜRNBERG,
K4
Aufmerksame Nürnberger dürften die Fitzsimmons-Plakate bemerkt
haben: Ein Brille tragendes Gesicht, das zwischen glatter
Stoppelfrisur und beträchtlichem Bartwuchs hervorlugt und
selbst Grand-Old-Rauschebart Karl Marx in den Schatten
stellt.
Sich seines optischen Wirkens wohl bewusst, scherzte
Fitzsimmons an diesem Samstagabend zur besten Sendezeit, dass
er sich doch gerne einmal als augenscheinlicher Islamist bei
der Kanzlerin vorstellen wolle. Ihr kann er dann gleich
vorschlagen, dass auf unseren Stoppschildern doch besser das
deutsche „Halt“ stehen solle – ein Missstand, den der
einfallsreicher Schwätzer Fitzsimmons auf seiner
Deutschland-Tour jüngst bemerkt hatte.
Doch neben derartigen amüsanten Slapstick-Einlagen kommt er
immer wieder zu seinen ruhigen, sanften, ernsthaften und
zerbrechlich-melancholisch wirkenden Songs zurück. Als
studierter Psychotherapeut weiß er um die gefühlvolle Seele der
Menschen Bescheid; weiß, dass das Leben ein beständiges Ringen
um Trauer, Liebe und Glück ist. Selbst vom Leben gezeichnet,
therapiert er allein mit seiner eindringlichen Stimme und
seiner Gitarre sich selbst und das andächtig lauschende
Publikum. So hält er den vollen K4-Festsaal in dieser
ambivalenten Stimmung aus lustig-erheiternden Anekdoten und
verträumt-melancholischen Songs bei Laune. Unterstützt wird er
dabei musikalisch von seiner Tour- und Vorband Slow Runner. Ein
unerwarteter Höhepunkt der Fitzsimmons-Show ist ein
angedeutetes Medley aus „Smells Like Teen Spirit“, „Stairway to
Heaven“ und – in voller Länge mit Band – „Sweet Home Alabama“.
Vielleicht war diese rockige Einlage schlicht dem Umstand
geschuldet, dass tatsächlich mehr männliche als weibliche Fans
im Saal vertreten waren, wenngleich man freilich viele sich in
Armen liegende Paare erspähte.
Nach der Show, so versprach er, komme er noch auf ein Bier
hinunter, doch da hatte sich der hitzige Saal schon schlagartig
geleert. Und das an einem Samstagabend!
Daniel Meyer