CD REZI LOVE METAL: HIM
HIM
SCREAMWORKS: LOVE IN THEORY AND
PRACTICE
WARNER BROTHERS / WARNER
Das neue HIM-Album ist ein typisches Beispiel für
amerikanische Arbeitsmoral: Man macht einfach einen guten Job.
Das hat natürlich auch Nachteile, aber im Gegensatz zu dem eher
sperrigen Vorgängeralbum „Venus Doom“ ist die neue Scheibe von
vorne bis hinten aus einem Guss. Typischer Radiorock eben,
meist mit höherem Tempo gespielt und mit einem markanten Bett
aus Keyboards und fett produzierten Drums unterfüttert. Dazu
der charakteristische Gesang von Bandleader Ville Valo, der bei
den Texten wieder mal gründlich in seinen Hirnwindungen gepult
und tüchtig seine rhetorische Fantasie nach außen gestülpt hat.
Um es einmal diplomatisch auszudrücken: HIM sind noch nie die
allergrößten Songwriter gewesen und große Erfolge neben „Join
Me“ hatten sie vor allem mit originellen Versionen von z.B.
„Wicked Game“ von Chris Isaac oder zuletzt Ville solo mit
„Summer Wine“, was von Lee Hazlewood geschrieben wurde. Und das
offenbart sich vor allem auf dem neuen Album, welches in den
Staaten mit einem erfolgreichen Produzenten aufgenommen wurde.
Matt Squire aus Washington, D.C hatte sich in den letzten
Jahren einen Namen mit guten Jobs für Taking Back Sunday und
Panic! at the Disco gemacht und produzieren stand bei ihm
während „Screamworks…“ für produzieren im Sinne von Masse
abliefern. Ich habe die Platte ein dutzend Mal durchlaufen
lassen, aber wirklich etwas Markantes blieb bei mir nie hängen.
OK, ich gebe zu, die Livegigs von HIM die ich bisher sah,
stammten allesamt aus der Frühzeit und offenbarten eine
grauenhafte Liveband, bei der ein anmaßend arroganter
Leadsänger mit einer Fluppe im Mundwinkel nicht ganz nüchtern
seine Songs ablieferte. Aber das soll jetzt nicht die solide
Studioarbeit schmälern, die die Band hiermit abgeliefert hat.
Dem jungen Publikum wird die Scheibe sicher gut gefallen, sie
sind ja in Zeiten aufgewachsen, in denen das Urteilsvermögen
für wirklich achtbare und große Songs abhanden gekommen ist.
Und die letzte Scheibe war nun wirklich nicht der Bringer,
sondern eher etwas zum schönsaufen.
Ewald Funk
4 von 9 Punkten