PLACEBO
LOUD LIKE LOVE
VERTIGO / UNIVERSAL
Placebo sind wegen der Stimme ihres Sängers so ein bisschen
wie Schweppes Bitter Lemon. Klassisch halt, Experimente machen
die anderen, etwas herb beim ersten Schluck wegen ebendieser
Stimme, aber man weiß genau, dass man solide Qualität bekommt.
Keine Experimente vor allem. Und so erfüllt auch das neue
Placebo Album exakt den Erwartungen, die man an Brian Molko und
seine beiden Mitstreiter hat. Midtempo-Rockmusik mit einer
außergewöhnlichen Stimme, emotionale Texte zum mitschmachten
für die weibliche Hauptzielgruppe und der gewohnte druckvolle
Sound mit Gitarre, Bass und Schlagzeug bei den forscheren
Titeln. Ab und zu das ganze etwas erweitert mit gelegentlichen
Keyboards-Sprengseln. Das hört sich natürlich nicht sehr
euphorisch an. Wenn man die neue Scheibe aber zehnmal hört, ist
man letztendlich wieder einmal begeistert. Jeder Song steht auf
hohem Niveau. Und ich persönlich spüre gleich beim Titelsong
und dem dritten Titel „Two Many Friends“ endlich wieder diese
Entschlossenheit, die ich auf den Vorgängern „Meds“ und „Battle
For The Sun“ etwas vermisst habe. Musikalisch holen die Drei
diesmal dann auch endlich wieder aus der klassischen
Gitarre-Baß-Drums-Besetzung das maximale heraus und benötigen
nur manchmal etwas elektronische Hilfsmittel („Exit Wounds“).
Neben den erfolgversprechende Hitsingles fällt da auch noch
„Rob The Bank“ mit Weltverbesserungs-Engagement auf. Doch das
Beste zum Schluß: Zum weinen schön ist „Bosco“, der letzte Song
mit wunderbaren Piano-Intro und melancholischer Note. Das ist
große Kunst und zeigt, dass das Trio immer noch zu den ganz
großen im Rockbiz gehört. Und wer selber Gitarre spielt, sollte
einmal bei den schnellen Songs auf die ungewöhnliche
Saiten-Stimmung von Molkos Instrument achten, die seiner hohen
Stimme einen interessanten Gegenpol liefert. P.S.: Wer die Band
noch nicht live gesehen hat, darf allerdings keine Bombast-Show
wie von Muse erwarten: Die drei kommen ganz ohne Firlefanz
daher und rocken einfach ohne Narrenkappe das Haus, was dann
bisweilen schon etwas spartanisch daher kommt.
EF
7 von 9 Punkten