Wenn der eigene Sohn Geburtstag hat und als Geschenk seine
neue Dauerkarte (dieses Jahr ohne Felder für Relegationsspiele
zum Abzwicken) am Eingang Nord in den Leseautomaten steckt,
erwartet man für ihn an seinem Freudentag schon ein schönes
Spiel. Ganz so schön war es dann nicht, aber mit Hängen und
Würgen gerecht. Letztendlich. Punkt. Punkt vor allem, weil man
das Wort Gerechtigkeit und dazu die Leistungen von Schiri
Winkmann und Konsorten nicht in einem Satz stehen lassen darf.
Da schwillt mir schon der Kamm, wenn man dann auch noch am
nächsten Tag in der renommierten Regionalzeitung von
"unglücklicher" Leistung des Pfeifenmannes liest, und dann dort
auch sonst noch hochgradig um den heißen Brei herum geredet
wird. Ist das Beschwichtigungsjournalismus, oder sitzen da
Männer mit Eiern am Computer?
Man muß nicht einmal die Fanbrille aufhaben, und ich stehe ja
auch nicht auf dem Platz und weiß, es ist alles so schwer...
Aber wenn ein Spieler wie Baumjohann im Gesicht von Pino
herumfummelt, dann gehört sich da nach dieser Tätlichkeit
gleich Rot gezückt und nicht beide Spieler verwarnt. Anders
herum: Was allein Kyo nach jeder Ballannahme umgesenst wurde,
oder Ginczek oder... Diese Reihe ließe sich beliebig
weiterführen. Warf sich ein Herthaner aber theatralisch aufs
Grün und wälzte sich im scheinbaren Todeskampf, gellte sofort
der Hinkmann-Pfiff und die gelbe Karte wurde hinterher
geschoben. Und zwar nicht wegen der Schauspielerei an die
Greinmeicherla aus Westberlin, sondern gegen den Glubb. Am
besten auch genau dann, wenn wir gerade im Spielaufbau waren.
Das ganze war so dermaßen offensichtlich, dass man es hinterher
als Lehrfilm hernehmen könnte, wie man ein Spiel rafatisieren
kann. Ganz ohne Hetze: Es gibt auch Schiris, die hinterher
ritterlich zugeben, hier oder da falsch gelegen zu haben,
und denen gilt mein vollster Respekt und jegliche
Vergebung.
Zurück zum Gleichstellungsbeauftragten-Quartett in Gelb. Das
mit dem Überparteilichkeit der DFL sah man ja am Vortag bei
unserem nächsten Gegner, den "Bauern di Munchen" (O-Ton Pepsi
Cola, pardon, Guardiola). Nach dem Spiel legte der sonst immer
sehr gefasste und fein sarkastische Armin Veh aus Bankfort im
Interview noch eine Schippe oben drauf und war nicht nur wie
sonst extrem ironisch, sondern extrem sauertöpfisch angepisst.
Warum sich die DFL da auf ein derartiges Niveau herabläßt...
lassen wir es, sonst fällt hier noch der aus der topfairen
Formel 1 bekannte Begriff "Stallorder". Nur ist die hier nicht
Rennstall- sondern Vereins- und reglementübergreifend.
Abgepfiffen wird also erst, wenn die Bauern gewonnen haben,
oder lieber früher, wenn die Rot-Schwarzen am Ende noch fast
gewinnen würden. Fazit zum zweiten Gegner auf dem Platz in
Gelb: das Spiel hatte ein G'schmäckle, Amigos!
Voll des Lobes: Die gesamte Glubbmannschaft inklusive
Trainer umringt die Gäste und bedankt sich bei den vier
angereisten BVB-Fans, die als Unparteiische verkleidet in ihren
Dortmunder Vereinsfarben das Unentschieden und die
BVB-Tabellenführung für den Glubb heldenhaft festgehalten
haben.
Dritter Gegner am zweiten Spieltag war der Glubb sich selber.
Aber nur ein bißchen. Die Lehre aus den letzten Jahren: Ein 1:0
verwalten geht ins Auge und darf in der Bundesliga nur von
Gladbach und Lucien Favre zelebriert werden. Als der ziemlich
zertretene aber wie ein Löwe kämpfende Feulner von Wiesehahn
vom Platz im Tausch gegen Dagobert Chandler geholt wurde, und
dann der verdammte Mittelfeldgott Robbie Mak beim verlassen des
Grüns Alexander "das ewige Talent" Esswein abklatschte, flachte
das Nürnberger Spiel dann doch etwas ab und man signalisierte
eine gewisse Beamtenmentalität. Verwalten statt walten. Das
Geschenk nahmen die Schausteller im attraktiven Blau-Weißen
Streifenmuster gerne an und wollten uns wie die Eintracht als
Schießbude missbrauchen. Dazu noch ein Zitat aus unserem Gesang
beim verlassen des Stadions später: "Ohne Schiri gewinnt ihr...
nichts!"
Berkay Dabanli hat sich mittlerweile als echter Glücksgriff
entpuppt. Ist Zlatan Nilsson krank, steht Dabanli drin und
keiner hat so wirklich Angst, dass der seinen Job nicht genauso
gut macht wie Pelle. Nur das Tore schießen muß Berkay noch
lernen. Sein erstes in der Liga gelang ihm aber am Sonntag. Und
dann auch noch ins eigene Tor mit Brustabwehr nach Zuspiel
eines - igitt - Ex-Westvorstädters! Wir sind aber bei unserer
Nummer 24 sicher, nach soviel Pech am zweiten Spieltag wird er
unser neuer Wollscheidt, bleibt aber nach der Saison noch beim
Glubb und Bader winkt dann auch die 15 Millionen von Arsenal
ab, weil die einen Ersatz für den formschwachen Mertesacker
brauchen. Das haben wir jetzt mal ironierfrei für ihn (Berkay,
nicht Mertesacker) so bestellt beim Fußballgott.
Kommen wir zum wahren Gegner auf dem Papier und auch Platz,
den Mimen aus Berlin. In der Kurve wurden eigentlich ständig
Loblieder auf die Westberliner angestimmt, das zog sich von dem
abgewandelten "Berlin, Berlin, wir schmeißen uns nach Berlin"
(oder hieß es anders?) bis zum ganz unterirdischen Chorgesang,
in dem etwas schwarzes aufgehängt wurde. Habe ich aber nicht
mitgesungen. Hüstel. Auf jeden Fall klappte dieses auskontern
wie gegen Fraport - wie die Stadt am Main laut Trikot jetzt
glaube ich heißt - gegen die Glubberer nicht so richtig. Auch,
wenn deren Automatikhebel auf "Neutral"-Stellung steht. Mal
parierte Heiner im Tor, mal die Verteidigung. Das das
Verteidigen auch schon im Sturm beginnt, lohnt sich. Immerhin
hatte unser 11er-Daniel schon beim Führungstreffer den Ball
nach Verlust nahe Mittelkreis von Tante Hertha wieder
geholt, und den Ball gleich vor dem obligatorischen Umsensen
noch schnell aufgelegt. Auf Josip "Dirmitsch" Drmic, der im
Gegensatz zu manch um 1,5 Millionen billigeren Spielern aus
seinen Fehlern lernt und die Kirsche einfach reinhaut. Zum 1:0,
präsentiert von "Willkommen in der ersten Liga, Hertha!".
Der sogenannte Jetlag-Freistoß (Bild) von Kyo, in Japan
sagt man dazu: "Der Regenbogen im Morgentau, der am Ende immer
länger wird".
Ein kurzer Wunsch an die Stadiontechnik. Macht doch bitte bei
der neuen Torhymne die Lautstärke so, wie wenn die beiden
Stadionsprecher etwas sagen. Bei denen hört man bei uns in
Block 5 nämlich gar nichts. Ich weiß nie, was Guido oder Martin
da gerade so sagen. Das komische Liedchen nach dem Tor kenne
ich nicht, hört sich nach Ballermann an, und auf Malle sind wir
ja nicht. Klar, man kann es eh niemanden Recht machen. Vor
allem nicht in Franken. Wir schlagen eine salomonische Lösung
vor. In Bremen ertönt nach einem Tor tief und sonor ein
Schiffshorn. Bremen ist Hafenstadt, da kennt man das. Laßt doch
in Nürnberg ein typisches fränkisches Geräusch laufen.
Ungeeignet: Das knusprige Zerspringen der Kruste, wenn man sein
Schauferla anschneidet. Oder das Brutzeln von Broutwerscht auf
dem Rost über knisternden Butzlküh'? Das Geräusch, wenn eine
Kolb-Bretzel bricht. Spaß beiseite: Von Nürnberg in die
Westvorstadt fuhr die erste deutsche Eisenbahn, wie wäre es mit
dem sonoren Zischen und Fauchen einer Dampflok, die langsam
Fahrt aufnimmt und wo dann ganz tief das Horn bläst? Kostet
keine Gema und die ganzen älteren Dauerkartenbesitzer kennen
das sogar noch. Asoziiert zwar nicht jeder mit Franken, aber
das ist schmerzfrei wie das Bremer Schiffshorn.
Fazit: Wieder einmal gilt der Dank Herrn Bader, der 10
Millionen aus England für Kyo ablehnt, der dann einen Punkt
rettet. Dank an die Mannschaft, die mittlerweile auch erste
Halbzeit spielen kann. Und gekämpft hat, als ginge es in die
Revanche gegen Sandhausen. Und Dank dem Schiri, der dem Gast
aus der Hauptstadt wenigstens noch ein bißchen
Bundesligaromantik mit seinem Elfer gelassen hat. Komisch nur,
dass das Schiriquartett unter Regenschirmen in die Kabine ging.
Bei uns in der Nordkurve hatte es gegen 17:30 Uhr nicht
geregnet! Respekt an fast alle Spieler und vor allem Pino, der
im richtigen Moment Kreide gefressen hat, nämlich als er nach
dem Spiel zu seiner großen Liebe A. Baumjohann befragt wurde.
Nicht zu vergessen auch den Stadionversorger, der mit einem
Bierpreis von 3,90 mittlerweile auch fast Hauptstadtniveau
erreicht hat. Jungs, die 4 EUR-Hürde nehmt ihr noch bis zur
Winterpause!
AUSGEWÄHLTE STIMMEN ZUM SPIEL
Jos Luhukay (Hertha-Trainer, erfindet auf
fcn.de die erste zweite Halbzeit): "Wir hätten auch in Führung
gehen können. Wir waren in der ersten zweiten Halbzeit
überlegen, deshalb finde ich den Punktgewinn für den Club
schmeichelhaft."
Daniel Ginczek (11, findet die richtigen
Worte): "Wir haben jetzt zweimal unentschieden gespielt und
sind damit noch ungeschlagen. Da gibt es andere Mannschaften,
denen es schlechter geht."
Javier Pinola (früher Argentinier, jetzt
Franke): "...wir müssen uns auf das Spiel gegen Bayern
konzentrieren. Das ist für uns in Franken ein ganz besonderes
Spiel."
Stefan Effenberg bei Sky90 über Pinos
Gegenspieler Baumjohann: "Perfekt von Pinola. Allererste Sahne,
sich so zu verhalten, anstatt sich auf dem Boden zu wälzen, wie
es viele andere getan hätten!"
Bild.de: "Jetlag-Japaner schlenzt Hertha von
der Spitze"