MODERN PUNK
WHITE LUNG
DEEP FANTASY
DOMINO / ROUGH TRADE
So geht Punkrock heute! Getreu der alten WM-Vorrundenweisheit,
dass man ein Match auch in den ersten 20 Minuten klar machen
kann, brauchen die drei Kanadierinnen Mish Way, Hether Fortune
und Anne-Marie Vassiliou plus ihr Quotenmann Kenneth William
nur sagenhafte 22 Minuten, um als Sieger auf dem Plattenteller
fest zu stehen. Punk ist Krach, und den können die Damen
sicherlich besser als kochen. Als ihre Einflüsse geben sie
Venom, The Mamas & The Papas, The Rolling Stones und Van
Morrison an, was so klingt, als würde man einen Fastfood-Burger
kulinarisch von einem japanischen Kobe-Rind Filetsteak
ableiten. Halte ich für ein Gericht – pardon – Gerücht, denn
die Band und insbesondere Sängerin Mish klingt für mich ein
bisschen wie Courtney Love, als sie mit Hole noch richtig gute
und vor allem energiereiche Platten machte. „Deep Fantasy“
sticht bei all der Hastigkeit, mit der die Songs instrumental
an einem vorbei rauschen, trotzdem den reinen Ur-Punkrock der
Descendends-Schule, wo meist nur ein Rezept für jeden Song
gilt. Bei der Riot-Girl-Punkband wird zwar herzhaft geschrubbt,
das geschulte Ohr hört aber ganz viele kleine Finessen in der
Produktion heraus, wo Gitarre oder Effekte leichte Akzente
setzen. Da ist viel Post- und Noiserock dabei, wo man
bekanntlich auch Wege fand, weniger als die drei
Punkrockakkorde zu Songs zu verarbeiten. Man kann die dicke
Luft in den kleinen Clubs förmlich riechen bei der fetten
Produktion der Platte, in denen sich diese Band sicherlich wohl
fühlt. Dazu gibt es aber auch Ansätze für wohl überlegte ruhige
Passagen, in denen ich persönlich eine große Zukunft für die
Band sehe. Wer in diese Zukunft schauen möchte, hört sich bei
der Gelegenheit mal die neue Scheibe von Brody Dalle an. Auch
wenn die fast eine Stunde braucht, um das Match zu
gewinnen...
EF
7 von 9 Punkten