RETRO HARDROCK
BLUES PILLS
BLUES PILLS
NUCLEAR BLAST / WARNER
Zeitreisen sind ab jetzt möglich: Das blutjunge Quartett Blues
Pills drückt ganz fest den Reset-Knopf in Deinem Kopf und
teleportiert Dich mit fettem Röhrenamp-Sound direkt in die
70er, wo neben Dir auf dem Sofa Janis Joplin, Grace Slick, Free
und Led Zeppelin bereits Platz genommen haben, um Dir einen
Dübel zu reichen. Sie sind wie die Überraschungsmannschaft der
Fußball-WM, die mit Old School-System verblüffend erfolgreich
ist. Veröffentlicht wird die feine Debutscheibe der sehr jungen
Kombo auf dem Metallabel Nuclear Blast, das in letzter Zeit mit
einigen schmackigen Psychedelicbands einen richtigen Trend
geschaffen hat. Blues Pills sind also der nächste Karpfen im
Retro-Teich des schwäbischen Labels. Mit Graveyard, Orchid und
Witchcraft schwimmen dort schon die schillerndsten Kois der
Branche, dazu seien noch die Bart-Kultrocker von Kadavar
erwähnt. Und jetzt machen Blues Pills mit ihrem Debütalbum eine
Arschbombe mittenrein. Was das
amerikanisch-französisch-schwedische Quartett einzigartig
macht, ist die Röhre von Sängerin Elin Larrson. Die Schwedin
klingt wie die kleine Schwester von Janis Joplin oder Aretha
Franklin. Dazu spielt das gerade mal 18-jährige Wunderkind
Dorian Sorriaux an der Gitarre auf wie der junge Jimmy Page.
Die zehn Songs auf dem Debütalbum hat Don Alsterberg
produziert, der schon Graveyard, Soundtrack Of Our Lives oder
The (International) Noise Conspiracy komplett analog
aufgezeichnet hat. Deshalb klingt das Album auch wie aus dem
DeLorean in „Zurück in die Zukunft“. Eine Zeitmaschine mit
Startpunkt 1967. Konsequent auch das Artwork: ein Bild der
psychedelischen Marijke Koger-Dunham aus den späten Sechzigern.
Beim ersten Hören wird man vielleicht etwas enttäuscht sein,
weil die Scheibe einfach extrem linientreu dem 70er
Psychedelic-Hardrock folgt. Nach etwa fünf Durchläufen erkennt
man aber die exquisite Güte, mit der hier ein erfrischende
Truppe alten Wein in neuen Schläuchen einfach genial
wohltemperiert und klasse verschnitten kredenzt. Ein Album zum
herzhaften Kiffen, was ja trotz Verbot gerüchteweise
hierzulande öfter praktiziert wird, als mancher glaubt.
EF/WH
8 von 9 Punkten