CD REZI JAGGER HAT DEN BLUES
THE ROLLING STONES
BLUE & LONESOME
POLYDOR / UNIVERSAL
“Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“
sang Thees Uhlmann 2011 und meinte damit, dass wohl jeder am
Ende seines Lebens zu seinen Wurzeln zurück kehrt. Den Stones
wünsche ich damit natürlich noch ein langes Leben, musikalisch
kehren sie nun mit einem Bluesrock-Coveralbum nach etlichen
Jahren zu ihren Anfängen zurück. Sie begannen ja einst in den
Tagen vor ihrem Durchbruch mit Blues in einem Jazzclub mit
Alexis Korner, entfernten sich in ihrer Karriere dann oft ganz
weit weg davon („Emotional Rescue“ 1980 ist ein gutes Beispiel
dafür) und haben nun in nur drei Wochen eine meines Erachtens
recht gelungene Scheibe mit Interpretationen von eher weniger
bekannten Songs diverser Größen des guten alten Chicago Blues
eingespielt. Man hätte das natürlich fett und warm produzieren
können, hat sich aber für Garagensound entschieden. Hat man
eine gute Anlage, fallen einen natürlich diverse akustische
Details auf. Die Stereokanäle sind akustisch eng zusammen
gemischt, also fast wie bei früheren Monoplatten, und Watt’s
Schlagzeug scheppert schön blechern. Bass ist fast nicht zu
hören und auch Richard’s Rhythmusgitarre spielt eher eine
untergeordnete Rolle. Aufgenommen in Mark Knopflers Studio, war
nebenan zufällig der Herr Clapton zugange und durfte bei zwei
Songs natürlich seine bekannt blitzsauberen Solos beisteuern.
Am besten gefällt mir insgesamt aber Jaggers (73 Jahre alt,
soeben zum achten Mal Vater geworden!) scheinbar unkaputtbare
Stimme, sein dominantes Mundharmonikaspiel und natürlich das
simple, aber gewohnt taktgenaue Drumspiel von Charlie „The
Machine“ Watts. Fazit: Ganz nett, die oftmals auf alt getrimmte
Aufnahme kommt natürlich auf Vinyl bestens rüber, mit dem, was
ich mit einem neuen Stones Album allerdings erwarte, hat das
nichts zu tun: Die Herrschaften waren schon immer für
Innovationen zu haben und hatten trotz ihrer eher bescheidenen
Gitarristenfraktion einfach auf jeden Album immer wunderbar
simpel-originelle Hitsongs im Halfter. Statt Ideen dann halt
eben mal schnell ins Studio gehüpft und was für Plattensammler
eingeklopft. Schade. Trotzdem kein Fehlkauf, es hätte im
schlimmsten Fall ja „Stones Plays MTV Unplugged“ werden können,
da wäre ich aber auf 180 im Anti-Kommerz-Motzmodus steil
gegangen!
Ewald Funk
6 von 9 Punkten
