CD REZI COUNTRY-FOLK: JAKOB DYLAN
JAKOB DYLAN
WOMEN &
COUNTRY
COLUMBIA / SONY
Machen wir doch mal die Klischeekiste auf und langweilen dem
Leser mit der Jakob Dylan-Rezi-Standarderöffnung: Ja, als Sohn
des großen Bob Dylan hat man es natürlich schwer, mit eigener
Musik zu begeistern. Natürlich machte er mit den Wallflowers
einige nette Alben. Natürlich hat ihm, nachdem seine erste
Soloscheibe vom großen Rick Rubin produziert wurde, nun T-Bone
Burnett unter seine Fittiche genommen. Schlusssatz und letztes
Klischee: Natürlich macht Dylan Americana. Wie Americana denn
nun eigentlich klingt, ist für viele Benutzer dieser
Genrebezeichnung allerdings nicht ganz klar. Wirft man alle
Phrasen über Bord, vergisst die Prominenz und den prominenten
Produzenten und das Genre, bleibt einem eine dunkle, coole
Country-Folkscheibe. Immer ein bisschen Tom Waits atmen die
Balladen dabei und bekommen dabei stellenweise auch mal etwas
Bläser. Ansonsten wird traditionell und sparsam mit Pedal-Steel
und Banjo sowie der Akustikklampfe musiziert, ab und zu sogar
etwas weibliche Backing Vocals dazu, fertig ist die anmutig
simple Scheibe mit dem Duft der großen amerikanischen Plains.
Genial ist allerdings im Kontext zur braven Musik das Cover und
der Albumtitel. "Women & Country" sind halt laut Jakob die
Dinge, die den männlichen Ami einfach bewegen. Dazu hat die
Frau hinter ihm auf dem Palomino eine Knarre, Dylan meint dazu
ironisch "Na, weil es gefährlich da draußen ist!" Und
verteidigt auch mit einem Schmunzeln den konservativen Grundton
der Musik: "Ich mag natürlich neue Musik, aber ich weiß nicht,
wie ich da reinpassen sollte." Also macht er quasi
traditionelle Volksmusik mit einem leichten Grinsen, und schon
ist das Ganze cool. An Burnett schätzt er im Gegensatz zu
Rubin, dass T-Bone beim Aufnehmen immer im Raum sei und sich
auch richtig die Hände schmutzig mache, was das Klischee über
Rick Rubin als Couch-Produzenten wieder einmal bestätigt.
Fazit: Eine coole und ruhige Songwriter-Scheibe, die aber die
richtige Umgebung erfordert. Also nichts für den hektischen
Berufsverkehr, sondern eher für einen nachdenklichen Abend auf
der Veranda. Und da wir in Deutschland Verandas mit
Schaukelstuhl kaum haben: Ab in den Baumarkt und mache Dir ein
Projekt, damit Dylan jr. auch funktioniert! Und um ganz ehrlich
zu sein spannen wir den Bogen zum Anfang der Rezi: Wäre er
nicht der Sohn von „His Holy Bobness“, würde diese Scheibe
ziemlich schnell untergehen.
Ewald Funk
5 von 9 Punkten